■ Auch in diesem Jahr buhlen wieder hunderte Filmemacher vom 4. bis 9. April um die Gunst einer ausgewählten, 16-köpfigen Jury beim »International Short Film Festival«. DRESDNER-Autor Martin Krönert hat zwei von ihnen getroffen. Mit dem Videokünstler, Professor der »School of Creative Media« in Hongkong und »National«-Juror Max Hattler, und der 19-jährigen Jurorin im Bereich »Jugend International« Lisa Tschöp-Mayer sprach er über ihre Beziehung zum Kurzfilm und die Tücken des Jurorenjobs.
Hallo ihr zwei, wie konsumiert ihr normalerweise Kurzfilme, wenn ihr nicht in der Jury des Filmfestes sitzt?
Max: Also ich vor allem auf Festivals. Natürlich schaue ich auch immer wieder mal was bei Youtube, aber ich suche nicht speziell danach. Deswegen bin ich ja auch immer ganz froh, wenn ich auf einem Festival in die Jury eingeladen werde, dann muss ich mir die ganzen Filme auch angucken (lacht). Das kann echt auch grenzwertig sein, wenn du mal 10 Screenings hast!
Lisa: Ich nutze da alle Möglichkeiten in Dresden. Ich gehe vor allem gern zu Kurzfilmprogrammen wie beim Filmfest und war auch beim Kurzfilmtag im Dezember letztes Jahr. Es klingt vielleicht total »mainstream«, aber ich gucke auch wahnsinnig gern die Pixar-Kurzfilme, die immer vor den Langfilmen kommen.
Lisa, was für eine Beziehung hat die heutige Jugend eigentlich zu Kurzfilmen? Woher kennt sie das Medium?
Lisa: Vielleicht sind es wirklich eben diese superbekannten Pixarfilme, die ja jedes Kind irgendwann mal sieht in seinem Leben. Die stehen für mich auch repräsentativ für das Besondere am Kurzfilm: Ohne viel Zeit eine Botschaft zu vermitteln.
Max: Das überrascht mich jetzt schon. Also erleben Jugendliche den Kurzfilm wirklich wieder so, wie er damals mal gedacht war: Als Vorfilme für den Hauptfilm im Kino. Der klassische, narrative Kurzfilm ist ja für junge Filmemacher immer auch eine Visitenkarte, um in den Spielfilm zu kommen.
Lisa: Ja, ich denke schon. Darüber hinaus kommt das Medium aber – zumindest in meinem Freundeskreis – noch nicht wirklich an. Und das, obwohl es echt spannend für kreative Jugendliche heute sein müsste, weil mittlerweile ein Kurzfilm von Jedem ohne große Hindernisse selbst produziert und im Internet veröffentlicht werden kann.
Max, siehst du Unterschiede in der Produktion, Qualität und Originalität der Filme, seit du dich damit beschäftigst?
Max: Es ist schon allein in seiner Masse explodiert. Wie Lisa schon sagte, ist es für Jeden auch einfacher geworden Filme zu machen. Das heißt aber nicht immer, dass die Qualität besser wird. Es gibt auch einfach viel mehr Schrott. Gerade in meinem Bereich der abstrakten Videokunst passiert aber generell nicht wirklich viel. Da würde ich mir insgesamt manchmal etwas mehr Experimentierfreude wünschen.
Max, du bist selbst seit vielen Jahren Filmkünstler und gleichzeitig auch schon Dutzende Male bei Festivals Juror gewesen. Wie gehst du mit dieser Doppelrolle um?
Max: Natürlich kann und will ich mich von meiner eigenen Arbeit nur schwer distanzieren. Ich selbst habe auch nicht den Anspruch, dass meine Filme auf allen Ebenen funktionieren. Oft sind die Gewinnerfilme nämlich auch die mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner, den alle irgendwie okay finden. Wenn aber die Dynamik im Juryteam oder das Niveau eines Programmblocks mal anders aussieht, können da auch mal echte Fights um den Sieger entstehen. Dann macht mir der Job besonders viel Spaß.
Lisa, bei dir sieht es vielleicht anders aus. Du bist jung. Was nimmst du als Bewertungsgrundlage?
Lisa: Es wurde uns beim Jury-Casting natürlich ein bisschen erklärt, wie man das macht. Nun muss ich beim Filmfest aber sechs bis sieben Programmblöcke schauen und bewerten. Da kann man nur knallhart sortieren. Für mich ist ein wichtiges Merkmal, ob der Film was Besonderes hat. Wenn er nicht irgendwie auffällt, hat er es schwer bei mir.
Was erwartet ihr in diesem Jahr vom Filmfest? Gibt es Trends, die ihr derzeit spannend findet oder auch Dinge, die ihr einfach nicht mehr sehen könnt und wollt?
Max: Von Jahr zu Jahr sieht man immer so Moden, die aufkommen. In der Animation gab‘s kürzlich so ein Ding. Da flog in jedem zweiten Film plötzlich digitaler Staub rum. Das kann ich wirklich nicht mehr sehen ... (lacht).
Lisa: Selbst ich in meinem Alter merke schon, dass es viel zu viele Klischeehandlungen und Wiederholungen im Film gibt. Es ist leider viel zu selten, dass man nach dem Film mal sagt: »Jawoll! Das ist jetzt mal was Anderes!«. Ich hoffe auch, dass ich die Leute kennenlerne, deren Filme ich mir anschauen werde. Das gehört für mich einfach zu einem Filmfestival dazu.
Das Filmfest Dresden findet vom 4. bis 9. April in diversen Kinos in Dresden statt; Eröffnung am 4. April, 19 Uhr in der Schauburg. Das gesamte Festivalprogramm gibt es auf www.filmfest-dresden.de