■ Paula Irmschler (*1989 in Dresden) ist seit 2018 Redakteurin bei der Satirezeitschrift »Titanic«. Ihr autofiktional gefärbter Debütroman »Superbusen« wurde 2020 ein Spiegelbestseller und für die Bühne adaptiert. Nun geht sie mit ihrem zweiten Roman »Alles immer wegen damals« auf Lesetour, was DRESDNER-Autor Philipp Mantze zum Anlass nahm, um bei der Autorin nachzufragen.
Was hat dich zu dem Roman inspiriert?
Paula Irmschler: Ich habe mich viel mit Ostfrauen-Biografien beschäftigt, also gar nicht mit berühmten, sondern mit »normalen« Frauen. Und ich habe auch mit meiner Mutter viel gesprochen, das aber dann doch recht wenig einfließen lassen. Für unser beider Gefühlsleben war das aber gut. Meine Figur Gerda ist 60 und in der DDR aufgewachsen. Am Anfang dachte ich: das erzähle ich aus ihrer Perspektive. Aber dann fühlte es sich für mich komisch an, mich in dieses Leben hineinfühlen zu wollen. Ansonsten ist in dem Roman wahrscheinlich viel Unbewusstes präsent. Ich habe mich mit dem Thema Wohnen auseinandergesetzt. Aber das mache ich sowieso, weil mich Mietenpolitik und Mieterbewegung mit am meisten interessiert – Gentrifizierungszeugs halt.
Zum Buch: Kapitelweise wird die Sicht von Karla eingenommen, die in deinem Alter ist und von ihrer Mutter Gerda erzählt. Wie kamst du dazu?
Paula Irmschler: Ursprünglich wollte ich über diese Gerda schreiben, beziehungsweise über eine ältere Frau, die aus der Generation meiner Mutter kommt. Ich habe dann aber festgestellt, dass ich dieser Person nicht gerecht werden konnte. Ich finde es schwierig, über Menschen aus dem eigenen Leben zu schreiben und sie auszustellen. Es wird nie richtig sein, was man über sie sagt, weil man ja immer nur seinen eigenen Blick darauf hat.
In der Geschichte gibt es durch Karla einen Blick auf Gerda, und durch Gerda wiederum einen Blick auf Karla. Das fand ich ziemlich spannend. Im Buch geht es um einen Konflikt zwischen den beiden Frauen, und da gibt es ja auch immer zwei Seiten.
Würdest du es als Versöhnungsgeschichte beschreiben?
Paula Irmschler: Könnte man sagen, aber es ist ja kein richtiges Happy End, und die beiden können sich nicht wirklich versöhnen, weil sie noch nie richtig eng miteinander waren. Aber Versöhnen vielleicht in dem Sinne, dass man sich mit seinen Verhältnissen versöhnt. Es geht nicht völlig zerrüttet zu Ende, aber es gibt auch noch Baustellen in beider Leben. Es ist ein Arrangierungsroman.
Was ist das Thema oder Anliegen des Buches, das dir am Herzen lag, auf das du aufmerksam machen wolltest?
Paula Irmschler: Ich glaube, es geht vor allem um Selbstentfaltung, was die eigene Biografie angeht. Wie man leben will, ob man eine Familie gründen will, ob man sich mit seinem eigenen Körper überhaupt wohlfühlt. Aber eben auch um die Verhältnisse, in denen das alles passiert. Es geht ja auch viel um das Thema Wohnen und zuhause sein. Also nicht nur dieses, »ah, ich will mich selber finden«, sondern »kann ich mich überhaupt selber finden?«, wenn man sich Städte zum Leben nicht mehr leisten kann, wenn man keinen Raum hat, sich zu entfalten.
Du hast ja auch eine Playlist mit Songs, die in dem Buch erwähnt werden, angehangen. Würdest du auch bei diesem Buch die Bezeichnung »Pop-Roman« gelten lassen?
Paula Irmschler: Gern. Ich find’s ganz lustig, es kommt mir immer so vor, als wäre das eine Beleidigung. Aber ich finde das total super, ich mag Pop. Auch wenn es vordergründig im Buch nicht um Musik geht. Aber sie spielt immer eine Rolle, die Pop-Musik.
Stefanie Sargnagel hat sich in einem Interview als »Berufsjugendliche« bezeichnet. Findest du das bei dir selber vielleicht auch ein bisschen wieder?
Paula Irmschler: Die freche Sprache – zum Beispiel in meinen Kolumnen – nutze ich ja nicht absichtlich. Ich schreibe einfach so, wie ich rede. Aber ich fürchte, da ist was dran. Man muss auch irgendwann den Absprung schaffen, sonst wird’s halt peinlich. Aber ich habe eben ganz stark das Bedürfnis, den Mainstream mitzukriegen. Mich interessieren zum Beispiel die Charts. Ich gucke mir das wirklich gerne an, auch wenn das komisch klingen mag. Nicht um mitzureden, sondern um zu wissen, was ist es, worauf sich alle vermeintlich einigen können. Wobei das natürlich auch viel mit Promotion zu tun hat. Das ist einfach so eine FOMO (fear of missing out, Anm. d. Red.) bezüglich Kultur. Da ist also schon ein bisschen Berufsjugendlichkeit, wenn man immer am sogenannten Puls der Zeit bleiben will. Und damit ist das Scheitern irgendwann zwangsläufig vorprogrammiert.
Wie siehst du es dann um deine eigene berufliche Zukunft bestellt?
Paula Irmschler: Über Popkultur schreiben werde ich immer. Bei Büchern muss man ja auch immer gucken, ob einem was einfällt.
Paula Irmschler liest am 14. Juni um 20 Uhr in der Schauburg aus »Alles immer wegen damals«. Mehr zur Autorin: www.instagram.com/dieschirmherrin/