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»Ich bin unersättlich neugierig« – Annamateur zu ihrer ersten monatlichen Show »Büro für Ordnung und Chaos«
Annamateur zu ihrer ersten monatlichen Show »Büro für Ordnung und Chaos«
■ Das Allroundtalent Annamateur macht viele Dinge gleichzeitig: Aktuell tourt sie mit ihrem Programm »Protokoll einer Disko«, zeichnet an ihrem Buch und nimmt Hörschnitzel für Radio Figaro auf. Mit dem »Büro für Ordnung und Chaos« hat die Dresdnerin ab 27. Januar ihre erste monatliche Show in der Scheune. DRESDNER-Autorin Josefine Gottwald fragte genauer nach und holte sich einen persönlichen Eindruck von »Ordnung und Chaos«. (Copyright Foto: David Campesino)

In der neuen Show sollen die Zuschauer intensiv eingebunden werden; worauf können sie sich da einstellen?

Annamateur: Als erstes müssen sie am Eingang aktiv ihre »Haxn abkratzen«! (lacht) Was dann genau passiert, kann noch keiner sagen; vielleicht vermitteln wir Jobs, vielleicht finden sich Paare, vielleicht günden sich Sekten oder entwickeln Menschen neue Konzepte des Miteinander – vielleicht »flashmobbt« es auch … theoretisch ist alles möglich. Es wird Umfragen, Aufrufe und Aktionen geben, ich will Links herumschicken und bloggen – im Moment übe ich aber noch!

Eine Art Poetry Slam gibt es auch ...?

Annamateur: Ich nenne ihn den Plemplemslam – es wird aber kein Duell, eher eine Improbattle-Karaoke. Wörter des Zufalls, Assoziationskettenpoesie, Debatten, Manifeste oder Dada … das wird sich zeigen.

Du warst auf der Bühne zuerst als Tänzerin aktiv; welche Rolle spielt Bewegung bei deinen Bühnenprogrammen?

Annamateur: Bewegung ist unheimlich wichtig! Bewegung macht flexibel und »in einem flexiblen Körper wohnt ein flexibler Geist«, sagte damals meine Tanzlehrerin an der Hochschule. Kreativität wächst da, wo es sich reibt. Da, wo unterschiedliche Ansichten, Menschen und Lebensarten aufeinander treffen. Wer sagt denn, dass an dem Ort, wo man geboren wurde, ausgerechnet die Wahrheit erfunden wurde? Wer sich von der Stelle bewegt, wird Neuem gegenüber aufgeschlossener. Dabei erlebt er, dass es woanders andere Regeln und Gesetze gibt. Andere Arten, miteinander zu leben. Er beharrt nicht mehr auf seinen festen Vorschriften, die ihm Halt und Sicherheit geben.

Wie sieht dein festes Bühnenensemble für die Show aus?

Annamateur: Ich werde von David Campesino unterstützt, unserem Filmemacher, Fotograf und Quotenspanier. Außerdem gehört auch Max Rademann zum Inventar; er ist nicht nur Wortkünstler, und Ganzalleinunterhalter, sondern fungiert vor allem als DJ. Er hat einen Hang zu guten Musikern und schlecht klingenden Instrumenten ... Zusammen arbeiten wir visuell, haptisch und akustisch – als Individuum und als Schwarm.

Warum ist die neue Show ein »Büro« und welchen Einfluss haben Ordnung und Chaos?

Annamateur: Das »Büro« spiegelt meinen derzeitigen Weltblick. Es ist aus meiner philosophischen Beschäftigung mit dem Thema gewachsen. Man könnte sagen, das Programm wird eine philosophisch-schräge Talkwhow oder eine interaktive Vorlesung mit musischen Elementen des Slam, des Zufalls, der Improvisation, des Augenblicks der Kreativität. »Büro für Ordnung und Chaos – von langer Hand spontan geplant«, das sagt doch eigentlich alles. (lacht) Natürlich gibt es auch die Ordnung in Form von Protokollen, Analysen, einer Hymne und kleinen Ritualen. Ordnung und Chaos sind ein unheimlich spannendes Feld, weil sie in allen Dingen stecken und beide lebensnotwendig sind. Wir werden wertschätzen, was Vertreter beider Seiten zu bieten haben: Die Schneekugelsammler, die Propheten, die Weltverschwörungstheoretiker und Idealisten, die Träumer, Spinner und Diktatoren, die Ordnungshüter, Strukturierer und Entbürokratisierer. Die Künstler, die Handwerker, die Nichtsnutze, die Leisen und die Lauten, die Narren, die Dogmaten, die – beliebig Einsetzbaren … Das Thema ist unerschöpflich und ich bin unersättlich neugierig.

Es ist also noch alles offen?

Annamateur: Zwischen der Idee und der Realisierung liegt noch ein großes Stück Brachland. Darauf kann man Drachen steigen lassen oder man versumpft. Die vierte Show wird ganz anders sein als die erste; Dinge werden dazukommen und andere weggelassen. Es kann peinliche Pausen geben oder geniale Momente der Vernetzung. Vielleicht verselbstständigt es sich auch – wir werden sehen!
Vielen Dank für die Eindrücke!

Das »Büro für Ordnung und Chaos« von Annamateur feiert Premiere am 27. Januar, 20 Uhr, in der Scheune, danach findet die Show jeden letzten Dienstag im Monat statt; mehr zur Künstlerin unter www.annamateur.de oder unter www.facebook.com/ordnungundchaos

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