■ Ortstermin: Vor ihrem Konzert in Brandenburg an der Havel hat sich DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl mit Schlagzeuger Olaf und Bassist Kai auf der Backstage-Couch getroffen, um sich unter anderem über ihr Engagement gegen Rechts, Heimatliebe und Backpfeifen für Sänger Monchi zu unterhalten.
Euer aktuelles Album »Sturm & Dreck« wird im Vergleich als »weniger rumpelig« bezeichnet … ?
Kai: Das finde ich super.
Olaf: Klingt gut. Kai am Bass und ich am Schlagzeug – wenn es da rumpelig klingt, liegt es ja irgendwie an uns.
Wie kamen seinerzeit die Bläser zur Band?
Kai: Ursprünglich zu dritt, haben wir viel Punkrock und Ska gehört. Beim Ska waren immer Bläser dabei. Das wollten wir auch machen und haben geschaut, wer an der Schule Trompete spielen kann, oder im Posaunenchor der Kirchengemeinde ist. Mittlerweile hat sich daraus ein eigener Stil entwickelt.
Kam eure Bekanntheit mit der Reibung, an dem was ihr macht, oder die Reibung erst mit der Bekanntheit?
Kai: Das ist eine starke Symbiose. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir Audiolith als Label gefunden haben und die Lust auf uns hatten. Das Album »Scheitern &Verstehen« war damals im Studio fertig und für »Komplett im Arsch« hatten wir ein Video herausgebracht. Dann wurde der Verfassungsschutzbericht veröffentlicht, was wir auf unsere Weise aufgegriffen und versucht haben, etwas Gutes daraus zu machen. Wir sind ja nicht die erste Punkband, die im Verfassungsschutzbericht steht. Es gibt andere, die danach aber nicht so die Öffentlichkeit hatten.
Ähnlich wie in der Causa Dessau?
Kai: Wir wollten nur im Bauhaus spielen, produziert vom ZDF. Dann fangen AfD zusammen mit der CDU und Nazis auf einmal an, sich daran aufzureiben. Es ist nur natürlich, dass wir darauf reagieren. Manchmal wirkt das so, als ob wir immer irgendetwas aus dem Ärmel schütteln, was uns dann wieder durch die Medien treibt. Letztendlich wollten wir aber nur im Bauhaus spielen.
Wie geht es euch andererseits damit, dass ihr durch euer Engagement gegen Rechts von der Bürgerlichkeit umarmt werdet?
Olaf: Wir sind uns bewusst, dass das komplett ins Gegenteil umschlagen kann und wir oft nur ein Feigenblatt sind – vor allem für Politiker, die auf ihrer Ebene total versagt haben. Wir haben immer unser eigenes Ding gemacht, uns nie als politisches Aushängeschild einer Partei darstellen lassen. Wir sprechen an, was uns ankotzt; eben auch, dass das Bauhaus einknickt.
Kai: In der aktuellen politischen Situation geht einigen Leuten der Arsch zurecht richtig auf Grundeis. Jahrelang wurde das Problem weggelacht. So nach dem Motto: die Linken und die Spinner sehen überall Nazis. Jetzt geht es richtig rund im Land und es ist Zeit, sich ernsthaft zu positionieren. Als Band müssen wir aber aufpassen, nicht vereinnahmt werden.
Ihr sprecht euch für eine Handlungsebene aus, die über das verbale Dagegenhalten hinaus geht?
Olaf: Wenn Monchi eine Backpfeife kriegt, sagt er nicht Dankeschön und hält die andere hin. Einen Weg, den wir als Band zusammen gefunden haben, ist die »Noch nicht komplett im Arsch«-Kampagne. Es geht darum, den Nazisdemos nicht mehr nur hinterherzurennen, sondern auch eigene Sachen zu schaffen und Leute zu vernetzen. »Wasted in Jarmen« machen wir jedes Jahr und das ganze Dorf bringt sich mit ein. Das ist eine Aktionsform, die wir als Band gut ausgefeilt haben.
Seid ihr linksradikal?
Kai: Unsere Texte würde ich nicht als linksradikal bezeichnen. Ich finde es aber in Ordnung, wenn das jemand sagt. Mich kotzen die Verhältnisse wie sie sind in großen Teilen an und ich stelle mir eine gerechte Welt sehr viel anders vor.
Olaf: Ich selber habe mich noch nie als linksradikal bezeichnet, finde es aber nicht schlimm, wenn das jemand schreibt.
Kai: Ein Problem, das bei den Begriffen linksradikal und linksextrem mit einhergeht, schwingt immer in der verankerten Extremismustheorie mit. Auf der einen Seite sind die Linksradikalen und Linksextremen, auf der anderen Seite gibt es genauso die Rechtsextremen. Ein Punkt, dem ich immer widersprechen würde.
Kannst du das konkretisieren?
Kai: Ich lasse mich nicht mit Leuten vergleichen, die eine menschenverachtende Ideologie haben und Zustände herbeiführen wollen, die autoritär und gegen jegliche Freiheitsgedanken sind. Deren Ideologie zu Ende gedacht bedeutet immer, dass Menschen ermordet werden. Das kotzt mich so krass an – ich lasse mich mit solchen Leuten nicht auf eine Stufe stellen und bin nicht das Pendant auf der anderen Seite. Auf der anderen Seite bin ich, wenn es hart auf hart kommt und darum geht, zu verhindern, was die wollen.
Fühlt ihr euch bedroht?
Olaf: Es gibt genug Leute, die sich richtig freuen würden, wenn sie uns mal zu fassen kriegen. Dessen bin ich mir immer bewusst. Ich weiß, wie ich mich wann verhalte – das versaut mir jetzt aber nicht mein Leben oder lässt mich schweißgebadet aufwachen.
Kai: Klar fühlt man sich ab und zu bedroht. Es gibt Einschränkungen. Manche Volks- oder Dorffeste können Probleme bedeuten. Wie schlimm muss es in solchen Regionen oder auf diesen Festen aber erst für einen Farbigen oder viele Frauen sein. Die haben es noch viel beschissener.
Worin unterscheidet sich die Heimatliebe von Feine Sahne Fischfilet, von der propagierten Heimatliebe der AfD?
Kai: Heimat ist ein komischer Begriff, den wir gar nicht so verwenden. Wir reden von Zuhause. Ich möchte gerne ein Zuhause, einen Ort, an dem sich auch andere Leute, die gerne da sein wollen, wohlfühlen. Eine Atmosphäre, in der sich alle Menschen wohlfühlen können, die Bock darauf haben. Das ist der große Unterschied. Die AfD und die CSU wollen das nicht. Die gönnen den Leuten, die gar nichts haben, nicht mal das Letzte, nur weil sie von irgendeiner Volksgemeinschaft schwadronieren, die in Gefahr ist.
Tourmotto: Alles auf Rausch. Habt ihr Angst vor dem Kater danach?
Olaf: Ich bin seit elf Jahren bei Feine Sahne und es wurde Stück für Stück größer. Jetzt ist die Kurve noch mal höher gegangen. Man ist mit kleineren Sachen zufrieden, dankbar in Hotels zu pennen, oder generell gute Pennen zu haben. Das schätzen zu wissen, ist mir wichtig, dann kommt auch kein so krasser Kater.
Feine Sahne Fischfilet spielen am 1. Dezember im Alten Schlachthof (Konzert ist bereits ausverkauft); mehr zur Band: www.feinesahnefischfilet.de