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Die Kunst soll heiter sein – Funny van Dannen im Interview (Foto: Amélie Losier)
Funny van Dannen im Interview (Foto: Amélie Losier)
■ Als Liedermacher, Autor und Maler begeistert Funny van Dannen seine Anhängerschaft seit Jahrzehnten. Die wächst immer noch stetig und so war das anstehende Konzert für DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl eine willkommene Gelegenheit, beim Meister persönlich nachzuhaken.

Als du in den 70ern nach Berlin kommst, liegt Punk in der Luft. Was hat dich damals inspiriert, Lieder mit Akustikgitarre vorzutragen?

Funny van Dannen: Als ich nach Berlin zog, war das natürlich komplett out. Eine Art Folkmusik im größeren Rahmen zu machen ging nicht mehr. Man konnte das für sich machen, was aber kaum Leute interessiert hat. Vom Dorf, wo ich herkam, habe ich das in meiner Mundart gemacht, bin aber auch da schon mit einer Band aufgetreten, die für damalige Verhältnisse ziemlich punkig war. Das mit meinen Bands hat aber nie wirklich funktioniert.

Inwieweit hat es deine Herangehensweise als Künstler geprägt, dass du in den 80ern bereits Vater warst?

Funny van Dannen: Die wirtschaftliche Situation spielte natürlich eine Rolle. Als ich so ungefähr 30 war, hatte ich eine größere Ausstellung, die komplett floppte. Dann war klar, dass das Geld jetzt woanders herkommen muss Möglicherweise hätte ich ohne Kinder noch eine Weile diesen Weg mit der Malerei verfolgen können. So aber habe ich angefangen vermehrt zu schreiben und aufzutreten. Das mit den Erfolgen hat dann noch eine Weile gedauert. Auch ohne Kinder wäre ich aber nie faul gewesen. Im Kreuzberger Boheme-Leben gab es viele Leute, die in den Tag hineinlebten, sich für Künstler hielten, eigentlich nichts drauf hatten, das Leben aber genossen. Das war nie mein Ding. Ich bin von zuhause aus ein Arbeiterkind und das ist bis heute so – beim Arbeiten fühle ich mich sehr wohl.

Gab es in ökonomisch schwierigen Zeiten skurrile Nebenjobs?

Funny van Dannen: Ich habe Brillengestelle angemalt. Das war ein Job übers Arbeitsamt. Ich musste die mit einer Emailfarbe anmalen und selbst im Backofen backen. Am Ende wollte mich der Arsch nicht mal bezahlen.

Ärgert es dich, dass man mit Humor und Leichtigkeit schnell in die triviale Ecke abgeschoben wird?

Funny van Dannen: Ja klar. Es ist leider so, dass jeder Mensch, der mit Humor arbeitet schnell nicht ernst genommen wird. Ein Widerspruch an sich, denn mit Humor möchte ich ja gar nicht ernst genommen werden. Die Leute sollen lachen, die Kunst soll heiter sein. Das ist mein Anspruch, auch wenn ich das nicht immer einlösen kann. Es wird aber mit der Zeit besser. In der Kunst gibt es Leute wie den Erwin Wurm – also Leute die lustig sind, mittlerweile aber als ernsthafte Künstler anerkannt wurden. Früher war das aber schon so, dass jeder Hansel der ein schwarzes Bild aufgehangen und einen Text dazu hatte für interessant gehalten wurde, aber jeder Mensch der Mal ein Witzchen gemacht hat, wurde gleich als nicht ernsthaft abqualifiziert.

Ist es dir wichtig mit deiner Musik eine Verbindung zum Alltag der Menschen aufrecht zu halten?

Funny van Dannen: Die Verbindung von privat und politisch war bei mir schon immer der rote Faden, also die politischen Zusammenhänge im privaten abzubilden und umgekehrt.

Und dabei die Grenzen der Realität auszuloten?

Funny van Dannen: Das ich manchmal an der Grenze zur Realität bin oder mich so fühle, liegt, glaube ich, auch in meiner Persönlichkeit begründet.

Traumdeuter haben an deinem Song »Der Albtraum«, in dem du davon träumst Wolfgang Schäuble zu verprügeln, sicher ihre Freude?

Funny van Dannen: Traumdeuter liegen ja nicht immer richtig. Ich verlasse mich lieber auf mein Gefühl. Schäuble ist schon seit Helmut Kohls Zeiten ein Strippenzieher. Er steht für die Machtpolitik, die die Großen in Vorteil bringt und weniger Rücksicht auf die Kleinen nimmt. Aus dem Ohnmachtsgefühl, das man diesen Menschen gegenüber dann hat, reagiert man, indem man sich so etwas vorstellt.

Hast du bei deinem Song »Wir Deutschen« Angst, dass manche Leute an der falschen Stelle mitklatschen?

Funny van Dannen: Das ist immer möglich. Davor kann man sich aber schlecht schützen. Wenn ich das schon beim Schreiben mit einkalkuliere, wird es steril. Das ganze Lied betrachtet, bin ich aber relativ sicher, dass nicht die falschen Leute Beifall klatschen.

In »Der Bank-Song« fliegt eine Bank in die Luft. Wann hat Funny van Dannen beim Schreiben die radikalsten Ideen?

Funny van Dannen: Die Ursachen der Krise 2008 sind überhaupt nicht wirklich behoben worden. Es wurde geschraubt, aber dieses Damoklesschwert schwebt über uns, die Finanzmärkte sind immer noch labil. Das ist für mich bedrohlich. Es regt mich auf, wenn solche Dinge nicht geregelt werden. Daraus können dann Songs wie der »Der Bank-Song« entstehen.

Du nennst dich selbst auch Impulskünstler. Was muss man sich darunter vorstellen?

Funny van Dannen: Ich habe keine großen Konzepte, sondern gehe von einem Gefühl oder einer spontanen Regung aus. Daraus entsteht, was ich mache. Das ist eher induktiv.

Heißt, du hast immer einen Notizblock dabei?

Funny van Dannen: Das habe ich früher gemacht als ich jung war. Ich fand es aber irgendwann lästig und auch nicht OK, dass man seine Umgebung ständig auf verwertbares Material abklopft. Es kam mir irgendwie auch pervers vor, weil man die Offenheit für das verliert, was einen umgibt.


Besten Dank für das Interview!

DRESDNER Kulturmagazin präsentiert: Funny van Dannen am 10. November, 20 Uhr im Alten Schlachthof; www.funny-van-dannen.de/

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