■ Nicht weniger als eine Standortbestimmung der sächsischen Populärmusikszene hat sich die Konferenz »music:match« vorgenommen. Auf dem darin eingebundenen Bandfestival präsentieren sich spannende Acts, mit dem Club »nEuropa« wird der Blick über den Tellerrand nach Osteuropa und mit der Plakatausstellung »Plastic All Over The World« auf die Umwelt geschwenkt. DRESDNER-Redakteur Heinz K. hat sich mit den beiden Hauptorganisatoren der »music:match«, Anika Jankowski und Björn Reinemer über Impulse für die sächsische Popmusik sowie über das Bandfestival unterhalten.
Angekündigt wird music:match als Impulskonferenz. Welche Impulse versprecht ihr euch für die Popmusikszene?
Anika Jankowski: Es geht uns darum, mit verschiedenen Impulsen wie etwa »Musiker unterm Hellerrand« die Struktur der Rock/Pop-Musik in Sachsen und Dresden zu stärken. Dresden verkörpert Klassik und auch die Moderne, aber die Popmusik wird in der Wirtschaftsförderung komplett ausgespart. Andere Regionen machen es mit Rock/Popbüros wie in Stuttgart, Hamburg, Berlin oder Mannheim mit seiner Popakademie beispielhaft vor, einen Wirtschaftsfaktor zu schaffen. Gerade Hamburg ist da etwa mit dem Reeperbahnfestival ganz weit vorn, das bringt der Stadt Prestige und Geld ein. Wir sehen das Potenzial, weil es hier viele gute Musiker und Bands gibt. Das Umfeld aus Labels, Musikverlagen, Bookern und Agenturen werkelt aber eher im Kleinen, und sie sind nicht so gut vernetzt. Die »music:match« ist dafür ausgelegt, dass sich nicht nur Kollegen aus der Musikwirtschaft treffen, sondern auch Entscheidungsträger und Musiker herzlich eingeladen sind. Zudem wird es zum zweiten Mal den Club »nEuropa« geben mit einem internationalen, speziell osteuropäischen Schwerpunkt, der all jenen Möglichkeiten bieten soll, die über Dresden und Sachsen hinauskommen wollen. Was mir eine Herzensangelegenheit ist: Wir haben auch einen Schwerpunkt auf den Ausgleich zwischen männlichen und weiblichen Künstlern und Künstlerinnen gelegt. So wird es mit »Frauen in der Musikwirtschaft« ein Panel geben, zu dem wir Akteurinnen vor und hinter der Bühne aufs Podium bitten.
Wobei es ja umgekehrt für polnische oder tschechische Bands lukrativer sein dürfte, weil der deutsche Musikmarkt attraktiver ist, was Gagen und Vermarktungsmöglichkeiten betrifft, oder?
Anika Jankowski: Ja, aber wir haben zum Beispiel mit Lasse Reinstroem die Erfahrung gemacht, dass sie über das Schiffsprojekt »Lustschiff Ahoj« nach Prag gekommen sind, dort ihr Album aufgenommen haben und auch in Prag released haben. Und Prag hat schon einen guten Namen. Gerade in Tschechien und Polen gibt es ein dankbareres Publikum als in Deutschland. Sie mögen dort handgemachte, urige, knarzige Musik. Defintiv eine gute Fanbase.
Björn Reinemer: Das kann ich bestätigen. Was ich noch hinzufügen möchte, ist, dass bei »music:match« auch die Vernetzung zwischen den Clubs stattfindet, sodass man als Besucher die Möglichkeit hat, hin und herzuwandern.
Anika Jankowski:Was den Vernetzungsgedanken beim Bandfestival betrifft: Björn hat die Acts gebucht, indem er Kollegen aus Sachsen angesprochen hat. Die sächsischen Agenturen, Verlage und einige Labels schicken uns ihre Künstler und damit haben wir an den Abenden eine breite Masse von Akteuren, die mit Musikern zusammenarbeiten. Es wird auch so funktionieren, dass wir den Abend moderieren und sowohl die Künstler präsentieren als auch die Firma, die dahinter steht.
Bei Labels, Verlagen, Agenturen ist ja in Sachsen eben gerade nicht so viel wirtschaftliche Potenz vorhanden...?
Anika Jankowski: Die Sache ist die, hier ist zwar noch nicht viel wirtschaftliche Potenz, aber ganz viel wirtschaftliches Potenzial vorhanden. Und das soll sichtbar gemacht werden.
Welche Ansätze seht ihr denn da? Ist das Bandbüro als Koordinierungsstelle ein Anfang?
Anika Jankowski: Es muss definitiv eine Stelle geben, so wie das etwa beim Branchenverband Wir Gestalten Dresden (WGD) der Fall ist, mit einem Büro, das von beiden Seiten frequentiert wird. Einerseits von städtischen Entscheidern, um dort etwa zur Proberaumsituation Auskunft zu geben, und andererseits braucht es einen Ansprechpartner für Kollegen aus der Musikwirtschaft, um etwa Labels und Agenturen, die in den Kinderschuhen stecken, oder Musiker mit Fördermöglichkeiten im Rock/Pop-Bereich zu unterstützen.
Anika, du bist mit dem Musikverlag Oh My Music im Geschäft. Ist das noch Hobby oder schon Job?
Anika Jankowski: Das ist definitiv kein Hobby. Der Verlag ist Wirtschaft.
Und wie ist es bei dir, Björn, mit Dynamite Konzerte?
Björn Reinemer: Das ist immer noch eine Mischung. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass das Geschäft schwierig ist, aber wir versuchen es dahin zu treiben, dass man zu Teilen davon leben kann. Das klappt immer besser.
Wie sprecht ihr die Musiker konkret an?
Björn Reinemer: Einmal konkret über gute Musik. Zum anderen sind Musiker eingeladen, die einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzen. Vielleicht kann man deren Entwicklung nachpilgern, indem man sie trifft und mit ihnen ins Gespräch kommt.
Anika Jankowski: Wir werden den Ticketverkauf auch so gestalten, dass Akteure und Bands, die da eingebunden sind, ihre Tickets selber verkaufen können. Musiker haben nun einmal einen Freundeskreis, der aus vielen kreativen Leuten und anderen Musikern besteht. Ganz wichtig: Die Panels sind kostenfrei. Es ist lediglich eine Anmeldung per E-Mail oder über das Formular auf unserer Webseite erforderlich. Und es gibt kostenfreies Catering. Wer sich also als Musiker ein warmes Essen für lau gönnen möchte, ist herzlich eingeladen! (lacht)
Was erwartet die Besucher beim Bandfestival?
Anika Jankowski: Wir haben so viel Programm, dass wir das Festival auf die Neustadt konzentrieren, wo die Leute hin und herlaufen können. Es wird immer mindestens zwei Konzertprogramme geben, die parallel laufen. Am Freitag sind wir in der Scheune und im Ostpol und zur Aftershowparty im Wettbüro. Am Samstag sind wir dann in der Groove Station, im Lofthouse, in der Nikkifaktur und zur Aftershow im Jazzclub Tonne. Der krönende Abschluss wird das Thank's Jimi Festival am Sonntag open air vor der Scheune sein. Dazu rufen wir alle Gitarristen auf, sich um 16 Uhr vor der Scheune zu versammeln und die vier Akkorde von »Hey Joe« zu schrammeln, um Breslau zu helfen, den Weltrekordversuch im gemeinsamen Gitarrenspiel zu brechen. Der Weltrekord von 2013 liegt bei 7.344 Gitarristen.
Björn Reinemer: Musikalisch ist das Bandfestival sehr offen gestaltet. Zum Beispiel haben wir aus Polen die Post-Rock/Pop-Band Spoiwo und das Songwriter-Duo Paula i Karol dabei, die hier ein gutes Standing haben. An Dresdner Acts sind neben Lasse Reinstroem oder Loop Motor auch Feindrehstar und die Gewinner des »sound of dresden« dabei. Es gibt aber auch Bands wie Lydia Daher, die mit ihrem lyrischen Jazzprojekt kommen wird und eine andere musikalische Note hineinbringt. Zudem haben wir noch wunderbare Songwriter aller Coleur zum Singer/Songwriter-Abend im Lofthouse und es ist auch so, dass wir einige neue Mitglieder der Banda Communale vorstellen, die dort ein Podium bekommen, um sich als Solomusiker zu präsentieren.
»music:match« – Konferenz & Bandfestival, vom 29. April bis 1. Mai in Scheune, Groove Station, Ostpol, Tonne, Altes Wettbüro u.a. Locations der Neustadt; Pro Abend kostet das Ticket im Vorverkauf 12 Euro und 15 an der Abendkasse; damit kann man alle Locations besuchen, die unter dem Label »music:match« veranstalten. Wer beide Abende mitnehmen möchte, zahlt 20 Euro im Vorverkauf. Programm, Tickets & Anmeldung unter www.kulturaktiv.org