■ Mit ihrer selbst produzierten »Blue EP« im Gepäck gewannen Schlagzeuger Wilhelm und Gitarrist Falk 2013 den wichtigsten Music Contest der Stadt, den »sound of dresden« – und räumten dabei Jury- als auch Publikumspreis ab. Die energiegeladenen Live-Gigs der Hands sprechen sich aufgrund ihres hohen Unterhaltungswertes und spontaner Improvisationen schnell herum. Noch im selben Jahr sind die Naked Hands in ganz Deutschland auf Tour mit Größen wie den UK-Nummer-Eins-Mädels Haim sowie Okkervil River und spielen mit Turbostaat und New Model Army vor ausverkauften Venues. Über 30 hochkarätige Gigs kamen so zusammen. Anfang 2014 folgte die »Green EP«, mit der sie ihren bluesigen Garage-Sound weiter kultivierten, und nun geben Falk und Wilhelm völlig überraschend mit einem Paukenschlag ihren Abschied bekannt. Grund genug für DRESDNER-Redakteur Heinz K., um die Jungs nach den Gründen zu befragen. Copyright Foto: Richard Ritzkowski.
Ausgerechnet mit der Release-Party zu eurer ersten Langspielplatte wollt ihr The Naked Hands zu Grabe tragen. Warum diese ungewöhnliche Kombination von Release- und Abschiedskonzert und warum wollt ihr aufhören?
Wilhelm: Wir machen aus dem Abschiedsgig zugleich ein Release, weil bei uns in letzter Zeit noch großartige Musik entstanden ist. Es wäre schade, wenn die auf irgendeiner Festplatte versauern würde. Gleichzeitig wird das ein dickes Trostpflaster für unsere Fans, und für uns als Musiker ein gelungener künstlerischer Abschluss. Der Entschluss aufzuhören war natürlich kein leichter und auch nicht sofort eine einvernehmlich getroffene Entscheidung, aber letztlich waren wir musikalisch und künstlerisch für unsere Begriffe mit dem Zwei-Mann-Garage-Konzept an eine Grenze gelangt.
Falk: Es ist ja auch eher andersherum: Wir haben beschlossen, die Band aufzulösen, und uns daraufhin das bestmögliche Ende vorgestellt. Und da wir noch so viele Songs hatten, deren Grundspuren zum Teil schon aufgenommen waren, haben wir uns zu einem finalen Release entschlossen. Wir haben uns als Musiker neben den Naked Hands anders entwickelt, die Band drückt einfach nicht mehr das aus, was wir sind. Und wenn man das erkennt, sollte man die Schlüsse ziehen. Andere Bands, die sich längst hätten auflösen sollen, machen einfach weiter, aus Angst, Neues zu wagen. Wir nicht.
Nach den beiden EPs »Blue« und »Green« folgt jetzt die »Red«-LP. Ist das eure Farbenlehre als Markenzeichen, so wie die White Stripes einst Rot-Weiß als Ästhetik erwählt und zu einer Art Religion ausgerufen haben?
Wilhelm: Mit dem Farbkonzept verfolgen wir keine explizite Botschaft, eher ein Grundelementekonzept, mit den Grundfarben Rot, Grün und Blau, was mit der »Red LP« vollendet wird.
Falk: Ich sehe das in einer Tradition von Bands, die ihren Outputs spezielle Farben zugeordnet haben, wie beispielsweise die Beatles beim White Album, oder Weezer bei ihren Alben. Wir finden es spannend, zu sehen, welche Farbe einen bestimmten Zeitraum als Band wiederspiegelt.
Bei den Songs der »Red«-LP fällt auf, dass ihr euren minimalistischen Garagensound beibehaltet, aber auch durch neue Elemente bereichert?
Falk: Auf der »Red«-LP haben die meisten Songs mit minimalistischem Garagensound nur noch wenig zu tun. So gibt es einen Chor auf »The Ones That Can't Be Bored«, Synthesizer auf »Ready Set Go«, rückwärtslaufendes Stimmengewirr bei »Christ//Panic« und bei »The Fire« sogar ein Schlagzeug, das gepitcht wird. Allgemein war bei vielen Songs der Ansatz, das echte Schagzeug wie einen Drumcomputer klingen zu lassen und mal die spätere Live-Umsetzung beim Aufnehmen der Songs außer Acht zu lassen. Trotzdem werden wir viele der Songs natürlich beim Abschiedskonzert live spielen, was es spannend für uns macht.
Wilhelm: Die »Red«-LP ist natürlich wieder 99 Prozent DIY, da lassen wir uns nicht lumpen. Bis auf einen Song wurde alles in unserem alten 11-Quadratmeter-Proberaum aufgenommen und gemixt von Falk at home. Der Sound ist natürlich wieder wie von uns gewohnt brutzelig, rumpelig und laut, aber bei genauerem Hinhören fallen einem schon von uns bisher nicht verwendete elektronische Einflüsse auf: Garage meets Electro Punk, könnte man sagen.
Zu den stärksten Songs der Platte zählen für mich »Christ/Panic«, »The New Monster« und »Idol«, aber auch »German Car«, das als Video vorab erschien ist, zählt für mich dazu. Was sind eure Favoriten?
Falk: Auf »Idols« bin ich vom Songwriting her stolz, »The Ones That Can't Be Bored« ist für mich der vielleicht stärkste Song. Außerdem war es der letzte Song, den wir als Naked Hands geschrieben haben.
Wilhelm: »Christ/Panic«, der Rest ist Müll (lacht).
Das hymnische, fast schon beatleeske, da zweistimmige, »The Ones That Cant't Be Bored« wird als 2. Auskopplung erscheinen. Ist das Stück etwa als Reminiszenz an euren frühen Semi-Hit »The One« gedacht?
Wilhelm: Das »The Ones« im Titel hängt einfach untrennbar mit den Lyrics des Songs zusammen, hat also nix mit dem Hit unserer ersten EP zu tun. Der Track wurde als einziger nicht in unserem Proberaum, sondern in dem tollen Studio in Schloss Röhrsdorf aufgenommen. Der Song ist für uns ein Höhepunkt der LP, und wenn er die Fans trösten sollte, dann haben wir nichts dagegen!
Falk: In dem Song beschreibe ich eine Kerneigenschaft meiner Generation: Uns ist nie langweilig. Und das ist nicht positiv gemeint. Wir müllen uns in jeder Sekunde das Gehirn mit Informationen zu. Ich glaube aber, dass Langeweile wichtig ist, um beispielsweise überhaupt auf die Idee zu kommen, Musik zu machen, oder selbst tätig zu werden – und sich nicht nur berieseln zu lassen.
Eine Reminiszenz an »The One« ist es also nicht – ein anderer Song der Red-LP aber sehr wohl, und zwar »The Two«.
Wie soll es nun weitergehen, was sagt ihr euren Fans? Gibt es schon neue, eigene Projekte, die spruchreif sind?
Wilhelm: Die Naked Hands sind unwideruflich tot. Ob wir getrennt weitermachen oder zusammen, wird die Zukunft zeigen.
Falk: Wir hoffen natürlich, dass unsere Fans uns treu bleiben werden, auch wenn wir ganz andere Musik machen. Denn soviel steht fest: Egal ob einzeln oder gemeinsam: es wird neue Musik von mir und Wilhelm geben. Von daher schaue ich mit Freude in die Zukunft. Die Entscheidung gegen The Naked Hands war keine Entscheidung gegen die Musik. Ganz im Gegenteil.
The Naked Hands Record-Release- & Abschiedskonzert am 17. Dezember in der Groove Station; die »Red-LP« erscheint auf dem bandeigenen Label »Undressed Records« und ist über die üblichen Vertriebskanäle wie Amazon und iTunes, in ausgewählten Plattenläden (Drop Out, Zentralohrgan) oder vor Ort zum Abschiedskonzert erhältlich; www.thenakedhands.com