Erhellend, sarkastisch, europäisch

Fast Forward Festival setzt weiterhin auf hybrid

Das Festival für junge Regie »Fast Forward« hat sich die Aufgabe gesetzt, den europäischen Theaternachwuchs sichtbar zu machen, ein Podium für Entdeckungen, kulturellen Austausch und grenzüberschreitende Kommunikation zu bieten. Entsprechend wurden auch dieses Jahr Produktionen aus Europa, Belgien, UK und Frankreich bis nach Polen, Türkei, Griechenland und Österreich ausgewählt. Da weiterhin unklar ist, wer wie wohin reisen kann und zudem im letzten Jahr viele Produktionen digital entstanden sind, entschlossen sich die Verantwortlichen, auch dieses Jahr das Festival hybrid zu realisieren. Zudem besteht im Rahmenprogramm die Möglichkeit, sich sowohl analog als auch digital zu begegnen. Die Themen der Inszenierungen, die vom 11. bis 14. November im Kleinen Haus und im Festspielhaus Hellerau auf die Bühne gebracht werden, folgen divers den derzeitigen Trends der Konfliktsetzung: Klimawandel, Rechtspopulismus, Kolonialismus, Ungleichheit in der Gewährung von Privilegien.

Serce (Herz) von / by Wiktor Bagiński & TR Warszawa inspiriert von / inspired by Joseph Conrads HERZ DER FINSTERNIS

So ist im Opener, Wiktor Bagińskis »Serce (Herz)«, dessen eigene Biografie der Ausgangspunkt zur Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte Europas und ihren Folgen. Weniger Innenschau, vielmehr Geständnis, Anklage und Gedächtnis der Transformation vom Kommunismus zum Postkommunismus verspricht das Stück »Fuck you, Eu.Ro.Pa« der moldawischen Autorin Nicoleta Esinencu, das ihr den rumänischen dramAcum-Preis und ein Aufführungsverbot in ihrem Heimatland einbrachte. Nadir Sönmezs Stück »ama« hingegen ist ein Konversationsstück über Kunst, Macht, Sex und Rollenspiele in der türkischen Intellektuellen-Szene, in der sich eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern ebenso kritisch wie sarkastisch mit dem eigenen Beruf und dessen Berufung auseinandersetzen. Inspiriert von Flauberts Drama, wie der Heilige Antonius vom Teufel versucht wird, verfolgt Dimitris Lolis eine eigene Interpretation des Stoffes unter dem vielversprechenden Titel »Die Versuchung des Heiligen Antonius – aber mein Name ist Dimitris / Sechs Fragen, die Sie beantworten müssen, wenn Sie ein Heiliger werden möchten«. Aus dem Vereinigten Königreich kommt von Jaz Woodcock-Stewart eine Intervention mit dem Titel »Civilisation«, über die der Theaterkritiker Liam Rees nach der Uraufführung 2019 in Edinburgh schrieb: »Civilisation ist viele Dinge gleichzeitig: Theater, Tanz, Performancekunst, erhellend und rätselhaft, ausgelassen und herzzerreißend«.

Dies sind einige Beispiele aus dem breit aufgestellten Festivalprogramm, das anregende Kurzweil verspricht. Wem dann noch der Sinn nach körperlicher Betätigung steht, hat an drei Tagen die Möglichkeit, bei dem theatralen Spaziergang »Der Verlauf – Ein Landschaftsstück« von und mit Studio Beisel vom 12. bis 14. November einen ganz anderen Blick auf die gewohnte Umgebung zu gewinnen. Dauer: drei Stunden, 12 Kilometer, entsprechende Kleidung, festes Schuhwerk und Verpflegung werden empfohlen. Startpunkt Kleines Haus, jeweils 12 Uhr, Eintritt frei mit der Bitte um Anmeldung unter fastforward@staatsschauspiel-dresden.de

JB

Fast Forward Festival vom 11. bis 14. November im Kleinen Haus und im Festspielhaus Hellerau. Die Aufführungen können entweder offline, online oder im Livestream angesehen werden. Für beide letztere Möglichkeiten gibt es sog. Tagespässe bzw. den Festivalpass online. Mehr Infos dazu: www.fastforw.art. Für Interessierte, die die Aufführungen vor Ort erleben möchten, läuft der reguläre Ticketverkauf über das Staatsschauspiel Dresden. Das Ticket ermöglicht die kostenfreie Nutzung des ÖPNV.