Studieren in der Warteschleife

Studies berichten zum Start des neuen Online-Semesters wie es ihnen bisher im Home Office ergangen ist

Wie schon im Wintersemester 2020/21 wurde auch im Sommersemester 2021 die Präsenzlehre an den Universitäten in Dresden begrenzt. Faktisch bedeutet dies, das so gut wie alle Seminare und Vorlesungen ins Digitale verlagert wurden, zumindest solange die Corona-Ampel auf rot steht. Da sich die Lage zu bessern beginnt, steht eine Umschaltung auf Präsenzbetrieb in HTW und TUD im Raum. Mindestens solange heißt es also noch Bude, statt Audimax und Heimküche statt Mensa.

Anton, Anglistik
Als bereits »fortgeschrittener« Bachelor-Student (9 Semester!) habe ich durch das Online-Semester glücklicherweise keine sozialen Probleme – ich kenne bereits Leute und vereinsame nicht komplett. Das stelle ich mir als Neuankömmling deutlich schwieriger vor. Natürlich würde aber auch ich mich über einen baldigen Präsenzunterricht freuen, sofern das möglich ist. Die Konzentration fällt zuhause dann doch manchmal schwer. Für lineare Vorlesungen empfinde ich die Option der Audioaufzeichnung jedoch durchaus auch als hilfreich: bei enorm schläfrigen Dozierenden die Geschwindigkeit zu verdoppeln spart zum Beispiel jede Menge Zeit.

Anton

Gregor, Philosophie
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass im Online-Semester vor allem die Seminare, die vom Diskurs mit Lernenden und Lehrenden leben, leiden. Man weiß immer nie so genau, ob der andere entweder schon fertig mit dem ist, was er sagen wollte, oder überhaupt noch etwas sagen will, oder es reden zwei Leute gleichzeitig, oder es gibt eine große Stille und irgendwann im Semester geben einfach alle auf und niemand sagt mehr irgendwas. Schauderös! Das zweite große Problem das ich hatte, war es, von zu Hause zu arbeiten, während die Bibliothek nicht oder nur halb offen hatte. Zwar war es gut, dass die SLUB schnell wieder den Ausleihservice anbot, aber ich glaube, dass ich wesentlich produktiver hätte arbeiten können, wenn ich einen Arbeitsplatz außerhalb meines eigenen Zimmers gehabt hätte. Zuhause verschmilzt die Arbeitszeit mit Prokrastinationszeit und eigentlich auch jeder anderen Zeit.

Gregor

Clara, Lehramt Kunst und Anglistik
Was sich zunächst nach einer wunderbaren Möglichkeit anhörte, Uni für ein paar Wochen vom Bett aus zu machen, entpuppte sich schnell als enorme mentale Belastung. Ich habe mich oft überfordert und allein gelassen gefühlt, vor allem auf organisatorischer Ebene und beim Erschließen der Seminarinhalte. Denn auch die meisten Dozenten schienen trotz aller Bemühungen äußerst unsicher, wie ein Alternativprogramm anzugehen wäre. So langsam mag sich das einpendeln, hat aber auch mir, die ich glaubte, das System Uni nach einigen Semestern weitestgehend durchblickt zu haben, einiges an Kraft und Nerven abgefordert.

Clara

Philipp, Germanistik
Eigentlich wurde ja schon alles gesagt: Schön isses nicht! Klar ist aber auch, dass die »Corona-Konstellation« nicht jeden gleich trifft. Ich für meinen Teil war schon vor dem Super-GAU kein Organisationstalent, aber seitdem ich mein Seminar mit auf Toilette nehmen kann, ist mir erst so richtig klar geworden, wie schwer es ist, ohne wirklichen Druck von außen den Tag zu bewältigen. Dass es Leute gibt, die das schaffen, macht die Sache nicht unbedingt besser. Und auch, wenn einem zwei Semester von offizieller Seite »geschenkt« wurden, ist das Jahr, das immer als das »sich ewig hinziehende« bezeichnet wird, verschluckt worden in der ganzen Warterei auf das Ende. Zumindest habe ich persönlich noch nie das Gefühl gehabt, so wenig in zwölf Monaten erlebt und geschafft zu haben. Aber ich will mich nicht beschweren, wozu auch?

Philipp

Jonas, Bauingenieurwesen
Meine Online-Semester liefen bisher überraschend gut. Die digitale Form der Lehre eröffnet völlig neue Möglichkeiten, sofern sie umfänglich angeboten wird. Meist ist das auch der Fall. Wenn dem jedoch nicht so ist, ist es natürlich ein Reinfall, und ich fange an, die betreffenden Module zu verschieben. Dass das eine sehr kurzsichtige Strategie ist, ist mir bewusst, besser als live gefilmte Tafelbilder abzuschreiben, ist sie allemal. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit der Umsetzung, was sicher auch an meinem naturwissenschaftlichen Studiengang liegt. Am schwersten fällt mir komischerweise nicht die Selbstmotivation, sondern die Organisation. Drei verschiedene Programme, Links zu den virtuellen Räumen finden, wann ist welche Abgabe, wie wird sie geregelt, wann sind Einschreibungen und so weiter. All diese Dinge fehlerfrei im Blick zu haben scheint unmöglich, zumindest für mich.

Jonas