Im Interview mit Christoph Walther von der bekannten Band Zärtlichkeiten mit Freunden
Der beste Humor kommt aus Sachsen. Im September hat die bekannte Band Zärtlichkeiten mit Freunden ihr amtliches Prüfsiegel beim »Bundesvision Comedy Contest« erhalten, wo Stefan Schramm und Christoph Walther ihre Comedy-Kollegen aus den anderen Bundesländern abhängten. Grund genug für DRESDNER-Autorin Annett Groh, Cordula Zwischenfisch aka Rico Rohs aka Christoph Walther ein bisschen auf den Zahn zu fühlen.
Humor ist eine ernste Sache, oder?
Christoph Walther: Das stimmt. Ich finde, Humor ist so ziemlich das schwierigste Fach. Ein Kind kriegst du zum Lachen, wenn der Clown auf der Bühne über seine Schuhe stolpert. Später, beim Humor für Erwachsene, musst du höchstwahrscheinlich etwas mehr bieten. Wer es sich bewahren kann, auch über stolpernde Clowns zu lachen, hat vielleicht ein paar Gesundheitsvorteile, könnte ich mir vorstellen. Wer als Erwachsener allerdings nur über stolpernde Clowns lachen kann, sollte sich mal überprüfen lassen.
Und worüber kannst du lachen, worüber nicht?
Christoph Walther: Worüber kann ich nicht lachen? Es kommt immer ein bisschen auf den Gemütszustand an, aber nicht lachen muss ich bei plumpen Pullermannwitzchen, oder wenn ich bemerke, dass mich jemand belehren will. Ich mag es lieber, wenn es nicht auf die Zwölf kommt, sondern wenn ich um die Ecke denken muss. Wenn mir nicht alles vorgekaut wird, sondern mein Hirn auch noch etwas tun darf. Dann ist die Freunde umso größer, wenn’s klappt.
Und ich müsste mal ausprobieren, ob ich noch über Louis de Funès lachen kann. Der hat mich früher regelrecht geplättet. Ich habe aber bestimmt 20 Jahre lang keinen Film mehr mit ihm gesehen. Wäre interessant, ob ich ihn immer noch so großartig finde. Muss ich mal in der VHS Kiste wühlen…
Alle wollen gern lachen, gleichzeitig gilt die Komödie, das Komische als »niedrigere« Kunstform. Was fällt dir dazu ein?
Christoph Walther: Wie schon erwähnt, halte ich das Komische für eine sehr »hohe« Kunstform. Ich kann aber sowieso nicht nachvollziehen, weshalb man Kunst in Wertekategorien einteilen sollte. Ich wüsste auch gar nicht, was eine »niedrigere« Kunstform sein soll. Serviettentechnik vielleicht? Oder Encaustic mit geschmolzenen Wachsmalstiften? Aber auch das kann wahrscheinlich mit allerhöchster Kunstfertigkeit ausgeführt werden. Vielleicht ist es aber doch nicht so beeindruckend, wie ein Jugendlicher mit Geige, der seit seinem zweiten Lebensjahr Musik aus dem 18. Jahrhundert für gut gekleidete Menschen mit Gleitsichtbrille darbietet. Ich finde, es gibt in der Kunst so viele Überlagerungen, dass ein Ranking eine verzwickte Sache werden könnte.
Ihr steht seit 25 Jahren auf der Bühne, wann wollt ihr endlich etwas richtiges arbeiten?
Christoph Walther: Der Ines und ich denken bei der Wahl unserer zukünftigen Berufsbilder antizyklisch und tragen uns mit dem Gedanken, eine Drechslerlehre zu machen. Erzgebirgische Volkskunst hat Zukunft. Momentan werden Drechselarbeiten noch als »niedrigere« Kunstform eingestuft. Aber wenn wir in wenigen Jahren unsere Abschlüsse in der Hand halten… Hui!
Für Leute auf der Bühne hat sich auch manches verändert. Vor 20 Jahren war es zum Beispiel ein Leichtes zu sagen, dass Krieg nicht die allerbeste Idee ist. Da waren sich alle auf und vor der Bühne einig. Heute ist’s etwas kniffliger. »Ja, aber…« wird da gern gesagt. Es wird auch jetzt einige geben, die das hier lesen und »Ja, aber…« denken. Zum Glück machen wir kein politisches Kabarett, sondern seit eh und je Musik-Kasperett. Dieses Genre haben wir für uns selber erfunden, damit wir in einer Sparte mal die Spitzenreiter sind.
Und ernsthaft: Was hat sich in den 25 Jahren verändert für euch auf der Bühne? Reagiert das Publikum anders?
Christoph Walther: Sagen wir mal so: Das Grundbedürfnis nach Quatsch ist unverändert. Die Leute möchten sich amüsieren, möchten lachen, möchten mitgerissen werden. Wir lesen und hören aber immer häufiger in den Rückmeldungen, die wir bekommen, dass sich die Menschen bedanken, weil sie einmal für ein paar Stunden den Alltag vergessen konnten. Immer öfter tauchen Formulierungen auf wie: »es tat gut, in diesen schlimmen Zeiten…«
Kannst du für die Langsamen unter uns noch einmal den Unterschied zwischen Cordula und Rico erklären?
Christoph Walther: Das ist eigentlich ganz einfach. Cordula Zwischenfisch ist der Schlagzeuger vom Ines. Und wenn der Cordula mal nicht kann, dann springt gelegentlich Rico Rohs ein. Der ist zwar noch jugendlich, spielt aber so, dass es für den Ines Fleiwa ausreicht. Ich glaube, Rico ist Ines‘ Neffe oder so. Genaueres weiß ich aber auch nicht.
2022 habt ihr den Podcast »Zärtlichkeiten im Ohr« gestartet, bei dem ihr nicht nur interessante Gäste wie Christian Friedel, Demian Kappenstein oder Fräulein Kerstin in die Mangel genommen, sondern auch die verschiedenen sächsischen Mundarten seziert habt. Wird es neue Folgen geben?
Christoph Walther: Diese Frage stellen wir uns auch. Der Podcast ist ja ein Teil der Kampagne »So geht sächsisch«. Dort hat man entschieden, den Podcast momentan zu pausieren. Man kann sich derzeit trösten, indem man die bisherigen 27 Folgen noch einmal anhört. Und wenn man das getan hat, sie ein weiteres Mal, aber mit verminderter Geschwindigkeit abspielt. Dann klingen wir, als hätten wir einen über den Durst getrunken. Das ist sehr lustig. Allerdings ist dieser Effekt auch eine »niedrigere« Form des Humors.
Letztes Jahr bist du bei Olaf Schuberts legendärem »Krippenspiel« als Oma Maria eingestiegen. Wer ist »deine« Oma Maria? Kannst Du sie ein wenig charakterisieren?
Christoph Walther: Das ist eine schwierige Frage. Die Oma trägt eine Schürze und fühlt sich fehl am Platze. Der Verkündigungsengel hat ihr einen Beruf zugeteilt, der alles andere als erfüllend ist. Diese Last trägt die gute alte Frau bis zur Rente und wahrscheinlich darüber hinaus, denn Rente gab’s ja früher noch nicht. Ich denke, viele können das nachempfinden. Ansonsten ist vielleicht noch erwähnenswert, dass sie sich für Raumfahrt interessiert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zärtlichkeiten mit Freunden sind ab 28. November mit »Weihnachtsfeier« unterwegs; Finale der W-Tour am 15. Dezember in der Herderhalle in Pirna; alle Termine und mehr Infos: www.zartlichkeitenmitfreunden.de.