Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!

Die Heldinnen des Alltags: Torsten Körner schaut auf den Osten

»Man muss sich trauen, naiv zu erzählen, um nicht dumm zu sein«. Dieses Statement mag für manche anstößig klingen im Zusammenhang mit einer DDR-Dokumentation. Der Regisseur von »Die Unbeugsamen«, dem erfolgreichsten deutschen Arthouse-Film im Jahr 2021, hat sich jedoch lediglich erneut zur Neutralität verpflichtet. Doch ist das bei einem Film über die vielen Widersprüche bei den Frauenrechten in der DDR überhaupt möglich?

Filmstill aus »Die Unbeugsamen 2«

Schon während der Produktion seines gefeierten Politikerinnenporträts in der Zeit der von Männerbünden und traditionellen Rollenmodellen beherrschten Bonner Republik wurde Torsten Körner klar, dass er seinen nächsten Film den Frauen der DDR zu widmen habe. Einer über Politikerinnen ist »Die Unbeugsamen 2« nun jedoch nicht geworden. Die Geschichte selbst gibt die Antwort auf das »Warum«: Die Frau war auf dem Papier dem Manne zwar gleichgestellt, von den höchsten politischen DDR-Ämtern jedoch nahezu ausgeschlossen. Stattdessen gab Körner seinem neuen Film den an einen DDR-Bestseller erinnernden Untertitel »Guten Morgen, Ihr Schönen!« und begab sich selbst auf die Suche in allen erdenklichen Lebensbereichen. Dorthin, wo sich Frauen den Einfluss in der Gesellschaft, wie ihre BRD-Kolleginnen im Bundestag, erkämpfen mussten: In der Industrie, in der Malerei, vor und hinter der Filmkamera, in der Musik und natürlich auch in den Bereichen der Politik, die für Frauen zugänglich war. Zugleich thematisiert er jedoch auch, wie verwirrend und komplex die Rolle der Geliebten, der Mutter, der Arbeiterin, der Oma in der DDR, was für eine Heldin des Alltags sie also war.

Wie schon im Vorgänger wird nichts von außen kommentiert, sondern tief in den Archiven der DDR-Medien, besonders in DEFA-Dokumentationen und dem Liederfundus gewühlt, um die zu Herzen gehenden Zitate der 15 Interviewpartnerinnen zu unterfüttern. So manches Ostzonenkind wird sich sicherlich ein nostalgisches »Genau so war das« nicht verkneifen können und doch kommt man immer wieder ins Grübeln: Genau so war das, als Honecker die Friedensdemonstrantinnen einsperren ließ? Wenn man als arbeitende Frau einen Traum hatte und zeitgleich vier Kinder zu versorgen? Oder wenn der Ehemann sich nicht genug umsorgt fühlte und einen alleinerziehend stehen ließ? Und wie passt das zu den monumental-utopischen Wandbildern von den starken Frauen, die immer wieder hereingeschnitten werden? Ein spannender Blick von Außen auf das Innerste der DDR-Gesellschaft.

Martin Krönert

»Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!«, D 2024, R: Torsten Körner, ist ab 29. August im Ufa-Palast, Programmkino Ost, Rundkino, Zentralkino und in der Schauburg zu sehen. Das Kinoprogramm für Dresden findet ihr hier.