Wunderkammer vor dem Aus?

Das Lügenmuseum in Radebeul ringt um seine Existenz

Noch soundsoviele Tage. Die Zeit läuft ab. Das Lügenmuseum existiert seit zwölf Jahren in Radebeul. Es ist kein Museum im eigentlichen Sinne, sondern eine ständig erweiterte Kunstsammlung an Absurditäten und Kuriositäten – eine bezaubernde Wunderkammer, in der es ächzt und stöhnt und wo es in 17 Räumen unendlich viel zu entdecken gibt. Das Lügenmuseum ruft internationale Echos hervor und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Nun droht zum 31. August die Räumung. Der Hintergrund: Die Stadt Radebeul hat dem Lügenmuseum mit Reinhard Zabka als Betreiber Ende Mai gekündigt. Begründung: »Mit dem beschlossenen Verkauf an Herrn Frieling schien endlich ein passender Investor gefunden […], der bewiesen hat, dass Kunst und Kultur nicht im Widerspruch zur Wirtschaftlichkeit stehen müssen. Somit hätte der ehemalige Gasthof Serkowitz als Kulturzentrum unter Erhalt des ›Lügenmuseums‹ als Anker in eine solide Zukunft geführt werden können. Ein Notartermin war bereits fixiert. Leider sah sich Herr Frieling letztlich gezwungen, vom Erwerb zurückzutreten aus Gründen, die in der Person des Betreibers des Lügenmuseums liegen.« Und weiter heißt es in der Mitteilung: »Ein dauerhafter Verbleib des Objektes mit seiner derzeitigen Nutzung war von Beginn an und ist auch zukünftig für die Stadt Radebeul als Eigentümer nicht realisierbar. Daher sieht sich die Stadt nunmehr gezwungen, das Mietverhältnis zu beenden.«

Titanic-Raum im Lügenmuseum, Foto: André Wirsig

Für den mittlerweile 70-jährigen Universalkünstler Reinhard Zabka, im übrigen Kunstpreisträger der Stadt Radebeul, stellt sich der Sachverhalt auf unsere Nachfrage hin schon ein wenig anders dar. Nachdem der Radebeuler Stadtrat mehrheitlich für den Erhalt des Lügenmuseums gestimmt hatte, schien nach dem vermeintlichen Kauf der Immobilie im Oktober 2023 durch Ruprecht Frieling bzw. der unlängst in Dresden gegründeten »Prinz Rupi Stiftung«, der Erhalt des Lügenmuseums gesichert. Doch »Prinz Rupi« sei nicht wirklich am Erhalt des denkmalgeschützten Hauses und des Lügenmuseums interessiert gewesen, vermutet Zabka. »Er hat die äußere Hülle gekauft und wollte sie dann mit eigenen Ideen füllen. Jedenfalls kam mit uns kein Vertrag zustande.« Den Sanierungsbedarf schätzt die Stadt Radebeul, der das Gebäude nach dem überraschenden Rückzug des Investors nun wieder gehört, auf 3,5 Millionen Euro. Zakba und dem dazugehörigen kleinen Verein wurde signalisiert, dass der ja die Kaufsumme (Mindestgebot: 310.000 Euro) selbst aufbringen könne.

Reinhard Zabka aber bleibt unverdrossen optimistisch. Das Lügenmuseum, offiziell als »Lüseum« betitelt, bekommt viel Zuspruch, wie man nicht nur auf dem YouTube-Kanal mitverfolgen, sondern auch an den Solidaritätsbekundungen namhafter Künstlerinnen und Künstler wie u. a. Fine Kwiatkowski, Peter Wawerzinek, Kathleen Rosenthal vom Landesverband Bildende Künstler, Christoph Tannert (Leiter Künstlerhaus Bethanien), Günter Baby Sommer oder Anna Maria Scholz (Annamateur) ablesen kann.

Die Stadt Radebeul besitzt mit dem Gasthof Serkowitz ein Objekt, das sich nach drei gescheiterten Offerten offensichtlich nicht verkaufen lässt, aber mit dem Lügenmuseum eine einzigartige Sammlung. Zumal gerade dieser »Ankermieter« entscheidend dazu beitrug, dass das historische Gebäude nicht verfiel. »Das Lügenmuseum ist ein Gesamtkunstwerk, das eng mit meiner Person verknüpft ist. Ich weiß, dass ich – wie im Grunde alle Künstler – als schwierig gelte. Aber ich habe hier auch eine Verpflichtung gegenüber dem, was ich geschaffen habe«, so Zabka. Der Investor sei sicherlich ein Hoffnungsschimmer am Horizont gewesen, was die vertrackte finanzielle Lage des Gasthofs und des Lügenmuseums betrifft, aber man könne mit Geld eben nicht alles kaufen.

Ende Juni kam dann auch noch die Nachricht, dass das seit 1999 vom Team um Reinhard Zabka aufgebaute Labyrinth an den Elbwiesen, das am Ende des Herbst- und Weinfestes als großes Happening und Kunstevent in Flammen aufgeht, gefährdet ist. Nachdem ein Sponsor absprang, reichen die dafür bewilligten Mittel nicht aus, um es 2024 umzusetzen. Die Gefährdung des Labyrinths möchte Zabka aber nicht mit der Kündigung im Gasthof Serkowitz verknüpft sehen, auch wenn die Unsicherheit über den Verbleib natürlich auch Auswirkungen auf das Labyrinth hat.

Mitte August soll es dann noch einen Gesprächstermin beim Radebeuler OB Bert Wendsche geben. Klärungsbedarf gibt es allemal. Wie auch immer die Streit um den Verbleib des Lügenmuseums im Gasthof Serkowitz ausgeht, so ist sich Reinhard Zabka doch sicher, dass es irgendwie weitergeht mit der Kuriositätensammlung. Und das wünschen wir uns auch.

Heinz K.

Update 16. August: Das Lüseum – Wunderkammer Lügenmuseum Radebeul verlängert seine Öffnungszeiten und ist noch bis 31. August täglich von 13 – 18 Uhr geöffnet: www.luegenmuseum.de. Am 1. September 2024 muss das Lügenmuseum im Gasthof Serkowitz seine Türen schließen.