Den Stadtrat positiv besetzen

Im Gespräch mit Magnus Hecht und Uljana Sieber, die bei den Kommunalwahlen für den Stadtrat kandidieren

Am 9. Juni wird in Dresden ein neuer Stadtrat gewählt. Stellvertretend für die vielen Engagierten, die in den Parteien des demokratischen Spektrums mit ihrem politischen Mandat etwas vor Ort zum Positiven bewegen wollen, haben die DRESDNER-Redakteure Annett Groh und Heinz K. mit zwei aussichtsreichen Kandidaten über ihre Beweggründe gesprochen.

Magnus Hecht (*1972) arbeitet als freier Kulturberater und ist Geschäftsführer des Afropa e. V. 2019 wurde er in der Neustadt für Die Linke in den Stadtrat gewählt. Für Aufsehen sorgte 2023 sein Austritt aus der Linkspartei. Er kandidiert nun im Wahlkreis 8 (Prohlis, Reick … ) für die SPD. Uljana Sieber (*1971) ist Leiterin der Gedenkstätte Bautzner Straße und für ihre Aktivitäten in der Erinnerungskultur der Stadt bekannt. Für die CDU tritt sie erstmals im Wahlkreis 4 (Schönfeld-Weißig) an, wo sie seit fast 25 Jahren lebt.

Uljana Sieber und Magnus Hecht

Was sind die Beweggründe für euer politisches Engagement?

Uljana Sieber: Dort, wo ich lebe, möchte ich das mir Mögliche für ein freundliches, lebenswertes und schönes Umfeld tun. Das will ich gemeinsam mit den Menschen vor Ort tun, mit diesen im Gespräch bleiben, auch wenn das manchmal konfliktreich ist. Das bei gegenseitigem Respekt auszuhalten, ist mir seit jeher wichtig und die Basis meines beruflichen, ehrenamtlichen und nunmehr auch politischen Engagements. Dabei bin ich streitbar, prüfe, schärfe, verwerfe und gestalte mit. Spricht das für eine Partei? Mit meiner Lebenserfahrung kann ich die Frage mit Ja beantworten. CDU? Ja, das passt. Reibungspunkte sind für mich eher Herausforderung als Hinderungsgrund.

Magnus Hecht: Ich komme aus der Kulturarbeit und mich hat interessiert, wie Förderungen verteilt werden, wie Prioritäten gesetzt werden, also, wie politische Entscheidungen zustande kommen.

Was sind eurer Meinung nach die drängendsten Probleme in der Landeshauptstadt?

Uljana Sieber: Zum Stichwort »Probleme« fiele wohl jedem im Schlaf schlagwortartig eine ganze Reihe drängender Handlungsfelder ein, wie etwa Bürokratieabbau, Digitalisierung, Energieversorgung, Fachkräftemangel, Klimaschutz, Mietpreise, Ressourcenknappheit, Zuwanderung… Es ist eine Frage der Perspektive, wie ich persönlich oder wie wir als Gesellschaft die Herausforderungen unserer Zeit einordnen. Sehen wir uns in einer Dauerkrise oder versuchen wir Probleme klar zu umreißen, die es gemeinsam zu lösen gilt? Eine unideologische Bestandsaufnahme der drängendsten Fragen betrachte ich als Basis für tragfähige Lösungen.

Magnus Hecht: Ich sehe für Dresden drei große Transformationsprojekte, die dazu führen, dass sich die gesamte Stadt und das Leben in ihr ändern wird. Das ist zuerst der Klimawandel. Hier muss einerseits versucht werden, die Klimaneutralität mit all ihren radikalen Änderungen zu erreichen. Andererseits muss Dresden die Folgen des Klimawandels für die Stadt in den Griff bekommen, und die Stadtentwicklung unter anderen Vorzeichen gestalten. Das gilt auch für die Stadterweiterung durch die großen Ansiedlungen der Mikroelektronikbranche im Dresdner Norden.
Drittens ist das die Bundesgartenschau 2033. Es besteht die Chance, mehr zu machen als nur schöne Show.
Über allem steht jedoch die Finanzierung der Vorhaben und das Beibehalten und Fortentwickeln der demokratischen Prozesse.

Habt ihr Ideen, wie man diese Probleme lösen könnte?

Magnus Hecht: Ich werde mich im neuen Stadtrat für die Einsetzung eines Ausschusses für die Stadtvergrößerung einsetzen. Die Ansiedlung der Industrie mit all ihren Folgen muss politisch viel besser gesteuert werden als bisher. Das ist die Chance auf eine positive Zukunft der Stadt.
Auch bei der Bundesgartenschau werde ich dafür sorgen, dass nicht nur ein Wohlfühl-Event daraus wird und Trümmerberge bepflanzt werden, sondern dass der nötige Umbau der Stadtnatur angefangen wird.
Für die Klimaproblematik ist mein Fokus auf Parks und Bäumen, auf Friedhöfen etc. Ich werde ein Alleenkonzept starten, sodass die Straßenräume flächendeckend mit in sich diversen Baum- und Buschalleen versehen werden.

Uljana Sieber: Niemand kennt den »richtigen« Weg und doch müssen wir ihn – gemeinsam aushandelnd sowie Pluralität und Mehrheiten akzeptierend – gehen. Aus meiner Erfahrung heraus sind Freiheit, Meinungsvielfalt und der Schutz des Individuums für mich die tragenden Grundwerte unserer Verfassung. Und ganz konkret tue ich den ersten Schritt, wenn der andere ihn verweigert.

Was steht in Sachen Kulturpolitik ganz oben bei euch auf der Agenda?

Magnus Hecht: Meine Perspektive liegt auf der freien Kulturszene und der Sozialarbeit, in der ich aktuell tätig bin. Beides möchte ich in Verbindung bringen. Ich werde mich den Kultur- und Nachbarschaftszentren widmen und den Fokus von der Kultur mehr ins Soziale verschieben. Die Konzeption, die mir vorschwebt, ist ein die Stadt überziehendes Netz an Zentren, in denen Begegnung, Soziokultur und soziale Beratung stattfindet.
Außerdem ist die faire Bezahlung bei freien Trägern immer noch ein Thema. Die Haushaltsverhandlungen sind dafür wesentlich, und ich wünsche mir, mit meiner Erfahrung als Stadtrat dort wieder mitzureden und Dinge zum Besseren zu verändern.

Uljana Sieber: Durch meine Tätigkeit als Leiterin der Gedenkstätte Bautzner Straße, die von einem gemeinnützigen Verein betrieben wird, und den Austausch mit anderen freien Kultur-Trägern weiß ich, dass die meisten Einrichtungen und Vereine in freier Trägerschaft oftmals bis hin zur Belastungsgrenze unterfinanziert sind. Es ist mir daher ein großes Anliegen, u.a. im Netzwerk Kultur für eine ausgewogene Finanzierung bei transparenten Förderinstrumenten sowie die Umsetzung des Papiers »Fair in Dresden« einzutreten. Zudem möchte ich auch weiterhin am Kulturentwicklungsplan unserer Stadt mitwirken und diesen weiterentwickeln. Dabei liegt mir das Feld der Erinnerungskultur, die spartenübergreifend und dezentral gestaltet werden sollte, besonders am Herzen. Ganz persönlich ist mir wichtig, gerade in zentrumsfernen Ortsteilen und Stadtbezirken Orte zu schaffen, die kulturelle Angebote mit Möglichkeiten der (intergenerationellen) Begegnung verbinden.

Vielen Dank!

Mehr zu Magnus Hecht unter: www.magnus-hecht.de.
Die Vita Uljana Sieber findet sich hier: stasihaft-dresden.de/index.php/team