Masaa im Porträt
»Die Welt ist verrückt geworden / Ihr Wahnsinn tötet die Liebe / Sie hat Angst vor einem Olivenbaum und ihre Angst schließt die Herzen / Ein Betrunkener hat sich selbst vergessen / Er hört die Stimme des Herzens nicht mehr / Sag ihm, er soll sich selbst wecken / Er kann sich noch dafür entscheiden / Unser Leben ist ein Geschenk«
Diese zunächst einmal in ihrem Pathos ein wenig aus der Zeit gefallenen Zeilen stammen aus »Beit« – Arabisch für »Heimat« – , dem mittlerweile fünften Album von Masaa. Die Band ist benannt nach dem arabischen Wort für »Abend«. Geschrieben hat die Zeilen Rabih Lahoud. Der aus dem Libanon stammende Sänger und Komponist verbindet wie kaum ein anderer mit seiner Band orientalische Musiktradition mit zeitgenössischem europäischen Jazz, arabische Poesie mit dem universalistischen Anspruch, dass wir ja doch alle Kinder dieser Erde sind, ungeachtet unseres ethnischen, religiösen, gesellschaftlichen oder geschlechtlichen Hintergrunds. Worte spielen in der Musik von Masaa von jeher eine zentrale Rolle. Selbst wenn man des Arabischen oder Französischen nicht mächtig ist, so wird Lahouds Sprache doch überall intuitiv verstanden. Seit zwölf Jahren ist die Band auf Tour und erspielte sich ein Publikum in Orient (Aserbaidschan, Jordanien, Libanon, Tunesien, Türkei) wie Okzident (England, Griechenland, Österreich, Schweiz, Spanien).
Kennengelernt haben sich Rabih Lahoud, Pianist Clemens Poetzsch, Trompeter Marcus Rust und Schlagzeuger Demian Kappenstein während des Musikstudiums in Dresden und Rostock. Mit dem Album »Irade« stieg 2020 Gitarrist Reentko Dirks für Clemens Poetzsch ein, der sich fortan eigenen Projekten widmete. 2021 wurde »Irade« mit dem Deutschen Jazzpreis in der Kategorie »Vokal-Album des Jahres« ausgezeichnet und vierfach für den Opus Klassik nominiert. Rabih Lahoud erhielt zudem den WDR-Jazzpreis. Durch Reentko Dirks, der bei Masaa die Doppelhalsgitarre spielt, erweiterte sich das musikalische Spektrum. Das aktuelle Album »Beit« wurde im Waldhausstudio bei Mohi Buschendorf aufgenommen und erschien 2023 beim Berliner Label »Traumton«. Die FAZ lobte »die kosmopolitische Ausstrahlung« und hob hervor: »eingängig und gleichzeitig interessant wirken die Melodieführung und das warme Timbre von Rabih Lahoud und Marcus Rust.« Der NDR konstatierte: »Die Musik hat einen unglaublichen Flow, eine ausgeklügelte Dramaturgie […] und besticht mit einem Trompeten- und Flügelhorn-Sound, der an Nähe und Wärme kaum zu überbieten ist.«
Auf Nachfrage bestätigt Demian Kappenstein, der zudem mit dem Dresdner Pop-Duo Ätna Erfolge feiert, dass es mit Masaa derzeit nicht besser laufen könnte. Mit »Weltjazz« bezeichnet er die Musik des Quartetts, die sich aus verschiedenen Quellen speist, und in seiner artifiziellen Ausprägung wohl ihresgleichen sucht. Von den Jazzclubs ausgehend, erreiche man jetzt eher ein »Hippiepublikum«, das sich für musikalische Experimente und Orchesterarrangements aufgeschlossen zeigt und das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne zu schätzen weiß. Die Orchesterarrangements schreibt die Band inzwischen selbst, und wer genau hinhört, wird in den Aufnahmen mit Bernd Ruf und der Jenaer Philharmonie sowie mit dem Filmorchester Babelsberg eine sinfonische Komponente entdecken, die Lahouds Kompositionen auf eine neue Ebene hebt.
In »Freedom Dance«, dem wohl berührendsten Song des jüngsten Albums »Beit« heißt es: »Du sollst Feuer sein / Die Sonne in mir sollst du werden / Dann kann ich frei tanzen / Und fliegen.« Tanzen kann man zur Musik von Masaa wohl eher nicht. Aber zuhören und in ihren Kosmos eintauchen. Und so in Gedanken fliegen. »Bei unseren Konzerten wird zu 40 Prozent improvisiert«, betont Demian Kappenstein. Das heißt, keiner ihrer Auftritte gleicht dem anderen. Und so wird es auch sein, wenn Masaa am 8. Mai mit dem Filmorchester Babelsberg in Potsdam und am 11. Mai in Dresden im Quartett auftreten werden. Darauf sollte man sich freuen!
Heinz K.
Masaa sind am 11. Mai, 20 Uhr, nicht wie ursprünglich geplant in der Dreikönigskirche, sondern im benachbarten Societaetstheater live zu erleben. Um 17 Uhr geben Masaa zudem noch ein Familienkonzert im Societaetstheater.