Nervenkitzel und Rabatz

Das Societaetstheater öffnet zwar noch nicht seine Türen, lädt aber für zehn Tage ins Zirkuszelt

Das gefühlt über drei Monate andauernde April-Wetter haben wir erfolgreich hinter uns gebracht. Es ist Zeit für Sonne, Spaß am Leben und ordentlich Rabatz, am besten an der frischen Luft. Dazu lädt das Societaetstheater mit seinem zweiten Zirkusfestival ins Zelt im Alaunpark und an diverse weitere Orte in der Stadt. Die Hauptstraße um den Goldenen Reiter herum wird beispielsweise genauso bespielt, wie die St. Pauli Ruine, der Neumarkt oder das Prohliszentrum. Und das Schöne am zeitgenössischen Zirkus (für alle Hipster: »Cirque Nouveau«) ist, dass er im Prinzip keine Regeln kennt. Genres wie Musik, Akrobatik, Tanz, Theater, Clownerie und weiß der Geier, was nicht noch alles, wird einfach in einen Topf geworfen, ordentlich umgerührt und dem begeisterten Publikum mit einem ordentlichen Tusch auf Straßen und Plätzen serviert – eben einfach überall dort, wo Menschen sind. Vielleicht gehören die Ergebnisse zu dem Emotionalsten und Authentischsten, was der Bereich des Performativen momentan zu bieten hat.

Overhead Project: »Green Room«; Foto: Max Eicke

Aus fünf Ländern haben sich deshalb die Macher des Soci ganze 13 Produktionen eingeladen, um das Publikum zu verwöhnen und zu erstaunen. Dazu gehört natürlich auch eine ordentliche Portion Nervenkitzel, wie etwa in der Performance »Re/Act!« des Duos Ego Portrait, indem sich die beiden Performer mit verbundenen Augen innerhalb einer von Stacheldraht begrenzten Fläche bewegen und sich dabei auf spontane Kommandos aus dem Publikum verlassen können müssen. Im »Greenroom« des Kölner Kollektivs ist alles unvorhersehbar. Vier Performer agieren um den Akrobaten und Tänzer Breno Caetano in einem sich stetig wandelnden Raum zwischen Holzwerkstatt, Experimentierfeld und Ausstellungsraum. Oder man lässt sich einfach vom Duo Raum 305 mit ihrem akrobatischen Puppen-Thriller »Oder doch« in die dunklen Ecken der menschlichen Psyche entführen.

Das Rahmenprogramm bietet bei mehreren Publikumsgesprächen viel Raum für Austausch. Und einen Mitmach-Zirkus gibt’s noch oben drauf. Und einen Film-Club. Und eine Ausstellung. Der Juni ist gerettet.

Rico Stehfest

1. bis 11. Juni: 2. Zirkustheater-Festival »Vom Fallen und Fangen«, 40 Veranstaltungen (teils zu freiem Eintritt) an diversen Orten in Dresden; genaue Infos und Tickets: zirkustheater-festival.de