Voll die Vielfalt

Das 34. Filmfest Dresden zeigt sich diverser als je zuvor

Wenn man auf seine mehr als 30-jährige Festivalhistorie schaut, hat das Filmfest Dresden schon immer kurzfristig auf gesellschaftliche Themen reagiert. Doch erst seit letztem Jahr folgen die Veranstalter einem selbst gesteckten Themenfahrplan. Mehr »Diversität« hat sich das Filmfest nach eigenen Angaben nicht nur inhaltlich sondern auch strukturell verschrieben. Dass Festivalleiterin Sylke Gottlebe es damit ernst meint, sah man bereits am 2018 erstmalig ausgelobten Filmpreis für Geschlechtergerechtigkeit. Diesem folgte nun konsequent die Gründung eines entsprechenden bei der Festivalgestaltung unterstützenden Beirats. Die angedachte Trilogie geht nach dem letztjährigen Stichwort Aktivismus 2022 mit dem Thema Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit weiter. Im dazugehörigen, überraschend klaren Festivaltrailer gibt die Künstlerin Brenda Lien während einer Zeitrafferszene, bei der eine Zimmerpflanze am Computer akribisch in ein Dschungel-Paradies eingefügt wird, 18 hilfreiche Tipps à la »I will not ask people what’s in their pants«. So werden laut der freundlichen Off-Stimme »grundlegende Menschenrechte« eingeräumt, ohne dass in eine Klischee-, Rassismus- oder Diskriminierungsfalle getappt wird.

Die Auserwählten können auf insgesamt 16 Goldene Reiter und 71.000 Euro Preisgelder hoffen

»Wie sich Marginalisierung und Unterrepräsentation, die auf Geschlechterrollen oder anderen Identitätskategorien beruhen, auf das (Kurz-)Filmschaffen auswirken«, um diese Frage herum lassen Gottlebe und ihr Team ganz bewusst in diesem Jahr den gesamten Programmkosmos kreisen. Mit dem »Fokus Quebéc« der franko-kanadischen indigenen Regisseurin Caroline Monnet, einer Masterclass mit dem schwedischen »Black Queers«-Mitbegründer und Kunstkurator Samuel Girma und einer Retrospektive des ostdeutschen Super8-Künstlers Steffen Reck, werden weitere Facetten des Themas sichtbar. Der internationale Wettbewerb ist mit 34 Filmen von Filmemacherinnen und -machern aus 33 Ländern kulturell ebenfalls enorm vielfältig.

Auch national, regional, »voll politisch«, im Bereich Filmton und mit dem zweiten Filmkritiker-Preis können die Auserwählten auf insgesamt 16 Goldene Reiter mit insgesamt 71.000 Euro Preisgeld hoffen. Animationsfreunde erwartet eine Filmauswahl mit ergänzender Ausstellung in den Technischen Sammlungen von Werken des DEFA-Puppenkünstlers Kurz Weiler, der Kinder- und Jugendbereich bietet gleich drei Blöcke und Genre-Fans können sich für die nächsten nächtliche Portion »Seriously, WTF?!« schon einmal die Hände reiben. Spielorte sind in diesem Jahr neben der Schauburg, dem Thalia und dem Programmkino Ost auch wieder das Lingnerschloss sowie das Zentralkino, und ganz neu dabei: das studentische Kino im Kasten. Um nach jahrelanger freundschaftlicher Kooperation zur Filmfest-Familie und das europaweit gefragte »International Shortfilm Festival Dresden« noch bunter zu machen, werden die Filmnächte am Elbufer neuer Hauptpartner. Die Filmnächte stellen erstmalig den Publikumspreis in der Mitteldeutschen Kurzfilmnacht zur Verfügung. Das Medium Kurzfilm soll so noch intensiver die publikumswirksamen Kinofilme im Sommer-Open-Air ergänzen und die Szene weiter befruchten. Eben wie eine Zimmerpflanze im Dschungel.
Martin Krönert

Das Filmfest Dresden findet vom 5. bis 10. April statt. Weitere Infos und das gesamte Programm ist unter filmfest-dresden.de zu finden.