Zeitreise an verschwundene Orte

Die 23. Tschechisch-Deutschen Kulturtage beeindrucken durch Vielfalt

»Heimat«, Tschechisch »Domov«, ist das Motto der 23. Ausgabe des grenzüberschreitenden Festivals. In der Euroregion Elbe/Labe spielt die Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Region beiderseits der Grenze eine große Rolle. Besondere Brisanz besitzt das Thema in der sächsisch-böhmischen Grenzregion aufgrund der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Nachwirkungen spürt man auch heute noch, denn mit den Menschen verschwanden vor allem in der Grenzregion auch viele Orte, in denen sie gelebt haben, und damit einhergehend verschwand auch die Erinnerung. In Deutschland ist das Thema inzwischen nur noch wenig präsent, in Tschechien hingegen hat es eine jüngere Generation wieder für sich entdeckt. So wird in Tschechien aktuell auch über eine Wiederbesiedlung der nahezu menschenleeren Grenzregion nachgedacht. Die Fotoausstellung »Das verschwundene Sudetenland« des Vereins Antikomplex aus Prag in der Gedenkstätte Bautzner Straße (zu sehen ab 15. Oktober) stellt historische mit heutigen Aufnahmen verschwundener Orte gegenüber. Der radikale Einschnitt ist bis heute in der Landschaft sichtbar.

Vilém Spilka Quartet

In seinem neuen Buch »Gebrauchsanweisung für Zugreisen« begibt sich Jaroslav Rudiš auf Reisen im Takt der Schienen durch Europa – unter anderem in einem tschechischen Speisewagen. In Dresden liest der Autor daraus am 5. Oktober im Verkehrsmuseum und kommt dabei mit Martin Krafl, dem Leiter des Tschechischen Literaturzentrums und selbst Zugfahrer, ins Gespräch. Am gleichen Tag ist übrigens exklusiv für Besucher der Lesung auch die Dauerausstellung »Schienenverkehr« geöffnet.

Die Tschechisch-Deutschen Kulturtage bieten diesjährig trotz der pandemiebedingten Einschränkungen eine große Vielfalt an kulturellen Angeboten. Bewährte Programmpunkte wie die Kurzfilmtournee » FEINKOŠT« (8. Oktober im Programmkino Ost), die Becherovka Ska Night mit All Mad Here, Skaprifisher und DJ Ska-Fish (8. Oktober, Chemiefabrik), Exkursionen, Kochkurse, Autorenlesungen, Gespräche und Diskussionen, Konzerte von Klassik bis Jazz und Pop (empfehlenswert: Vilém Spilka Quartet am 2., Tomáš Liškas Worldmusic-Jazz-Projekt »Invisible World« am 5. sowie B/Y Organizm am 15. Oktober in der Tonne), Theater, aktuelle tschechische Kinofilme sowie Ausstellungen mit tschechischen und deutschen Künstlern finden sich auch diesjährig im Programm, das mit 68 Veranstaltungen auf deutscher und 16 auf tschechischer Seite aufwartet. Für die Anreise nach Tschechien wird zudem ein Bus-Shuttle-Service angeboten.

HK

Die Tschechisch-Deutschen Kulturtage finden vom 1. bis 17. Oktober in diversen Locations in Dresden sowie in der ganzen Euroregion Elbe/Labe bis hin nach Ústi nad Labem statt; Programm, Tickets und mehr Infos unter tdkt.info