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Romano

Copyshop

(Vertigo)


»Wir ziehen Freiheit auf Lunge, von null auf hundert eine Sekunde.« Was Romano in seinem Track über die Nachwendezeit vom Leder lässt, ist große Minimalliteratur unterlegt mit schleppenden Beats. Während Clemens Meyer Geschichten zwischen zwei Buchdeckel packt, rappt Romano auf Band: »Die Mauern brechen, die Ketten reißen, ich stehe ohne Maulkorb auf dem Mittelstreifen«. Das große Abenteuer für endlich von der Leine gelassene Halbstarke. Ungeschönt, kritisch, leidenschaftlich. So beginnt bei »König der Hunde« als zweites Stück der Platte die eigentliche Reise in ein Universum in und jenseits von Köpenick. Romano rollt Historie, Gegenwart und Zukunft von unten auf. Er nimmt den großen Anlass, um Wildheit im Kleinen zu beschreiben. Ein Thema, das sich durch die ganze Platte zieht. Das Schöne im Hässlichen, der Freak als Rettung, überbordende Liebe als Allheilmittel, garniert mit Coolness par excellence. Das hier ist tanzbare Gesellschaftskritik vom Rand aus – kein Gepose, keine Kopie, schlicht der heiße Scheiß. Ungeschönt, dreckig, die Stadt, die Pferderennbahn, die »Champagner Bar« im Einkaufszentrum, der Laserdrucker im »Copyshop« an der Ecke: alles ein schillernd abgewrackter Erlebnispark in wummernder Komik, leiser Tragik und überlebenstechnischer Pragmatik. »Ich will euch alle heiraten, ich würde auch das Kleid tragen«: Romano als Micerat mit Beats, Herz und Zöpfen. Das als Gäste dabei sowohl Maschine von den Puhdys als mit MastaMic auch ein gefeierter Rapkollege aus Hong Kong auf den Plan treten zeigt, wohin die Reise geht: Lokalinternational. Großartig.
M.Hufnagl
Romano kommt am 25.10.2017 in die Scheune.
www.romanomusik.de
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