Von Apfelkuchenrauchbomben und dem fehlenden Bein des Heilands: »Hilfe, die Herdmanns kommen!« im tjg.
So ein Krippenspiel hat man noch nicht gesehen. Die Herdmanns, eine Gruppe rüpelhafter Jungendliche, haben sich bei den diesjährigen Proben in der Ortsgemeinde eingenistet und drohen damit die allweihnachtliche Aufführung der Geburt Christi zu ruinieren. Die Proben sind wenig vielversprechend: Kann Maria von einer Punkerin gespielt werden? Besaßen die Heiligen Drei Könige tatsächlich einen Baseballschläger zu ihrer Verteidigung? Und sang der Engel gespenstische Melodien, die an Vampirgeschichten denken lassen?

Betty Bradley organisiert das diesjährige Krippenspiel, in dem auch ihre eigenen Kinder mitspielen. Allerdings können diese nur Horrorgeschichten über die Herdmanns erzählen, die abgrundtief schlechte Menschen zu sein scheinen. Umso größer ist die Herausforderung eine gemeinsame Theateraufführung zu entwickeln und sich zwischenmenschlich näher zu kommen. Ab und an läutet ein Glöckchen und man beobachtet das alltägliche Geschehen während der Weihnachtszeit. Von der Schlittenfahrt, über den Tannenbaumkauf bis zum Geschenketausch, können sich die unzähligen Kinder im ausverkauften Saal ein Bild vom geschäftigen Treiben während der Weihnachtsvorbereitungen machen. Durch zahlreiche Weihnachtsbäume, einen Sternenhimmel und ein beschwingtes »Let it snow«, das durch Straßenmusiker dargeboten wird, die mit E-Gitarre und Metalltonne ausgestattet sind, wird der Zuschauersaal in weihnachtliche Stimmung versetzt. Während der Dialoge adaptiert das Musikerduo englische Winter- und Weihnachtslieder und lockert das Geschehen mit musikalischen Zwischenspielen auf. Neben den Proben des Krippenspiels erfährt der Zuschauer die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel, deren konventionelle Darstellungsweise ausgedient und nur auf eine Neuinterpretation durch die Herdmanns Kinder gewartet hat.

Liebevoll ausgearbeitet sind die einzelnen sehr unterschiedlichen Rollen der Kinder in diesem Stück. So überzeugt Nadine Boske, als ungewöhnliche Eugenia Herdmann, die die Maria belebend verkörpert. Im Gegensatz dazu steht Alice Armstrong (Marja Hofmann), die sich als erboste Furie gegen die vermeintlichen Eindringlinge wehrt. Für besondere Besinnlichkeit sorgt der ausnahmsweise konventionelle, sehr schöne Chorgesang, bei dem man sich Weihnachten, ob nun traditionell oder ungewöhnlich schnellstens herbeiwünscht. Carolin Herrig

Weitere Termine: 1.12./3.-8.12./10.-12.12./14.-23.12./26. & 27.12.2013



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