Reine Herzenssache: The Sound of Bronkow Music Festival 2014.
Es gibt nicht viele Gründe, sich auf das Ende des Sommers zu freuen. Einer heißt Sound of Bronkow – und das im nunmehr fünften Jahr. Am ersten Septemberwochenende verwandelt sich das Societaetstheater in ein Festival-Areal: Großer und kleiner Saal, aber auch Foyer und Apfelgarten werden herausgeputzt, um 300 Musikgourmets ein dreitägiges Zuhause zu bieten. Das Budget ist mini, die Ausstrahlung maxi. Das liegt vor allem an den vielen fleißig-kreativen Händen. Liebevoll kümmern sie sich um jedes einzelne Deko-Element (Spitzendecken-Girlanden, Geranientöpfe); basteln nächtelang an Visuals, die auf selbst ausgestanzten Spitzendecken-Screens laufen; bringen lächelnd schnuckelige Stoffbeutel und Wundertüten, aber auch Bier und Bratwurst an die Frau und den Mann. Vor allem aber beweisen die Kumpels & Friends ein Händchen für eine exquisite Künstlerauswahl.
Der Start in den Freitagabend erfolgt recht smooth mit Talking To Turtles, deren Songs reduzierter klingen als auf Platte. The Marble Man überzeugen mit poppigem Indie, bei dem auch die Gitarren mal schrammeln dürfen. Höhepunkt des Abends ist Die Höchste Eisenbahn, ein Quartett, dessen Lieder auf wunderbare Weise Geschichten erzählen, die das Leben schreibt. Geschmeidig kommunizieren die Herren mit Publikum und untereinander, perfekt beherrschen sie das instrumentale »Bäumchen-wechsel-dich-Spiel«.
Der sonnige Samstagnachmittag lud ein, im Gartengras zu chillen und zu träumen, etwa zu den Ambient-Klängen der Österreicher Waelder. Mit mehr Drive geht es dann in den Abend. Dafür sorgt Aloa Input, deren »New Weird Bavaria«-Sound im positiven Sinn an The Notwist erinnert. In den Piano-Laptop-Stücken von Jan Roth spielen Glühwürmchen und der Regen wichtige Rollen. Zu Kaffee und Kuchen im Garten passen die country-folkigen Klänge von Heated Land. Als The Slow Show um 20 Uhr die Bühne betreten, ist der Saal voll. Zu Recht, denn was die Truppe aus Manchester abliefert, lässt die Härchen auf der Haut aufstehen. Emotional, melancholisch, mit einem Hang zu The National und einem Youngster am Mikro, dessen tiefes Timbre Jahrzehnte auf dem Buckel zu haben scheint. Die Landsleute Beaty Heart bieten dazu das musikalische Kontrastprogramm. Bei den groovigen Afro- und anderen Beats kann man einfach nicht ruhig sitzen. Das gelingt auch nicht bei Searing At Motorists, die das Foyer mit ihren rockigen Songs über eine Stunde durcheinander wirbeln. Bergen beschließen den Tag mit einer grandiosen Nach-Mitternachtsshow im Thalia und rekordverdächtigen acht Musikern auf der Wohnzimmerbühne.
Me And Oceans sind schon Stammgäste in Dresden und begleiten die Gartenbesucher mit Spieluhren, Klavierakkorden und chilligen Grooves am Sonntagnachmittag. Leider kann auch ihre Gottlieb-Wendehals-Polonaise den Regen nicht abhalten und so heißt es anschließend: Saal statt Garten. Hier liefern The Green Apple Sea besten Indiefolk ab, bevor der leicht verschrobene Joe Haege mit seinem Projekt Vin Blanc / White Wine den Nachmittag mit elektroiden Songwriter-Predigten beendet. Der Sonntagabend gehört dem Headliner des Festivals. Die Felice Brothers rocken die gediegen-feudale Schlosskapelle und das, obwohl sie am Ende ihrer Tour sind. Damit setzen sie den Schlusspunkt unter drei Bronkower Tage und Nächte, die musikalisch zu den abwechslungsreichsten und besten in der fünfjährigen Festivalhistorie gehören. Chapeau! Stefan Bast/ Fotos: Cordelia Grebler




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