Krieg und Sühne – Die Landesbühnen zeigen »Die Troerinnen«


Als die beiden Bildschirme am vorderen Rand der Bühne aufleuchten und der in Uniform gekleidete Herrscher der Griechen, Menelaos, stolz den vernichtenden Sieg über die Trojaner verkündet, ist die Analogie zu so manchem zeitgenössischen Politiker überdeutlich. Allerdings spielt Menelaos in diesem Stück genauso wie sein Soldat Talthybios eine Nebenrolle. Der Fokus liegt auf den Titel gebenden Troerinnen, die nach einem tranceähnlichen Auftakttanz hinter dem von der Bühnendecke herabgleitenden Schleier eine nach der anderen ihre Erlebnisse schildern. Hekuba, einstige Königin von Troja, trauert um ihren Gemahl, ihre Söhne und vor allem um ihren Machtverlust. Ihre Verzweiflung verliert jedoch durch das wiederkehrende am Boden Wälzen und nach Luft schnappen der Darstellerin Anke Teickner an Nachdruck. Dagegen können die vier anderen Frauenrollen durch ihr nuanciertes Spiel berühren. Allen voran Kassandra, von allen für wahnsinnig gehalten, ist den anderen Frauen durch ihren Hellsichtigkeit überlegen. Von Sophie Lüpfert wird sie mit einer Mischung aus Ironie, Abgeklärtheit und Naivität verkörpert.

Dazwischen werden immer wieder kurze Sequenzen fiktiver Nachrichtensender auf den Bildschirmen abgespielt, die angelehnt an die Vorlagen von Euripides und Sartre die Rolle des Chors einnehmen und über die Geschehnisse zwischen den Szenen berichten. Die Bemängelung aktueller Kriegsberichterstattung ist hier ebenso offensichtlich wie die Kritik an patriarchalischen Strukturen. Die Männer sind die Kriegstreiber und die Frauen die Opfer. Helena, gespielt von Regisseurin Maria Huimann selbst, bildet hier eine interessante Ausnahme. Die, die allein durch ihre Schönheit den Krieg ausgelöst haben soll, wird nun von den Frauen zum Sündenbock gemacht. Während sie auf die am Boden liegende Helena eintreten, ihr eigenes Schicksal sühnen wollen, schlüpfen sie wiederum in die Rolle des Aggressors.

Jenny Moritz / Fotos: Hagen König

Nächste Vorstellung: Landesbühnen Sachsen, Radebeul, 28. April



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