Gourmet-Menü im kleinen Kreis: Hundred Waters
am 19. November 2012 im Thalia Kino. »Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht«, lautet eine alte Ernährungsweisheit. Leider trifft sie auch auf den geneigten Musikfreund zu, dem Vernehmen nach nicht nur in Dresden. Aber sei es nun, dass der hiesige unbekannten Köstlichkeiten gegenüber besonders unaufgeschlossen ist, sei es, dass der Tisch an der Elbe zu reich gedeckt ist (?), sei es, dass an Montagabenden allgemeine Appetitlosigkeit grassiert, das Verlangen nach Hundred Waters war jedenfalls beschämend gering. Und dabei war der Gig des Quintetts aus Florida schon von der Schauburg ins winzige Thalia verlegt worden.
Die wenigen Neugierigen, die sich hierher verirrt hatten, wurden dafür mit einem Menü raffiniertester Delikatessen verwöhnt. Zwar ist das Quintett erst seit Anfang des Jahres am Start und auch ansonsten noch ziemlich jung an Jahren, ihren äußerst vielschichtig angelegten Soundkonstruktionen merkt man das jedoch in keiner Weise an. Wen wundert´s, beschäftigen sie sich doch eigener Aussage zufolge seit zehn Jahren mit Musik, also seit dem Kindesalter. Sängerin Nicole Miglis hatte zwar anfangs ein klein wenig Mühe, sich gegen die vom Schlagzeug vorgegebene Lautstärke im kleinen Saal durchzusetzen. Doch nachdem der Tonmann das so einigermaßen gerichtet hatte, war jeder Widerstand zwecklos und die kleine Fangemeinde trieb selig auf den Fluten von deutlich mehr als hundert Wässern davon, um mal im aquatischen Bilde zu bleiben. Was die fünf sympathischen Jungspunde diversen Instrumenten und einer gewaltigen Elekronikbatterie entlockten, war, nicht zuletzt durch Miglis´ und ihrer Background-Kollegin elfengleichen Gesang, zwar äußerst eingängig, mit ständigen Rhythmus- und Tempowechseln, vertrackten Soundmustern und schrägen Strukturen aber so delikat, dass sich auch der verwöhnteste Musik-Gourmet am Ende alle Finger leckte. Als Nachtisch gab es noch ein Miglis-Solo mit Gesang und Piano. Das kann man sich in etwa als Duo von Keith Jarrett und Kate Bush denken, nur dass die reizende Dame dies eben allein hinkriegte.
Allen Kostverächtern ist am Ende nur zu sagen: Ihr habt richtig was verpasst. Aber wenn ihr großes Glück habt, kommen Hundred Waters ja noch mal wieder. Dann nicht verpassen und bon Appetit! André Hennig




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