Geld oder Liebe – Die Comödie treibt in ihrer Sommerinszenierung Schabernack im »Wirtshaus im Spessart«


06. Juli 2019 – Spätestens seit der Hexe Baba Jaga ist Rainer König als Zugpferd ein garantierter Kassenerfolg. Zudem macht es neugierig, zu sehen, wie sich das Areal um das noch immer verfallende Schloss Übigau entwickelt hat, das sich die Comödie als Spielstätte für ihre diesjährige Sommerinszenierung »Das Wirtshaus im Spessart« ausgesucht hat. Es stellt zwar eine leichte Herausforderung dar, die wackeligen Klappstühle, die jeweils zu viert um kleine Tische arrangiert sind, auf dem buckligen Rasen so zu platzieren, dass jeder bequem etwas sehen kann, ohne dem Vordermann das Bierglas in den Rücken zu rammen, aber auch solche Aspekte machen den Charme eines Open-Air-Theaters aus.

Rainer König gibt auch tatsächlich mit Schwung und Biss den verschlagenen Wirtshausbetreiber Richard (wie auch den knauserigen Grafen von Sandau), die Riege seiner Kollegen hinkt da aber in Sachen Bühnenpräsenz keineswegs hinterher. Ganz klares Highlight des Abends ist allerdings dann doch Aline Bachmann als Jette von Bülow, ihres Zeichens Zofe der Comtesse von Sandau (Laura Dittmanns). Ihre körperliche Präsenz in einem überdimensionierten, kanarienvogelgelben Kleid wird tatsächlich noch durch ihr loses Mundwerk mit einem fast klischeefreien Sächsisch überboten. Wer ihren youtube-Kanal kennt, weiß, dass sie wirklich aufs Schönste das wetternde Waschweib geben kann. Und in dieser Inszenierung hätte sie eben ihre Wanderpumps eingepackt, wenn sie geahnt hätte, dass sie stundenlang durch den Spessart stapfen muss. Und das noch ganz ohne Verpflegung.

Die Geschichte hat alles, was eine sommerliche Komödie braucht: Männer in Frauenkleidern, die eine oder andere aktuelle Anspielung und natürlich viele amouröse Verwicklungen. Da ist eine erfolglose Räuberbande, deren Hauptmann Rinaldo (Philipp Richter) nicht ganz so kaltherzig ist, wie er wohl gern wäre und der unter der Trotteligkeit und Faulheit seiner Kumpane, dem gutmütigen Warzen Wilhelm (Philipp Scholz) und dem linkischen Pistolen Paule (August Geyler) leidet. Überfälle lohnen sich nicht mehr. Die Konkurrenz aus Osteuropa arbeitet günstiger. Also nimmt die Bande einfach die unschuldige Comtesse als Geisel, um von deren Oheim Graf von Sandau ein ordentliches Sümmchen zu erpressen. Der denkt aber im Traum nicht daran, auch nur einen einzigen Gulden rauszurücken. Und mitten in dem Wirrwarr sitzt der arme Goldschmied Felix (Franz Lenski), der droht, zwischen den Fronten aufgerieben zu werden.


Am Ende wird zwar alles gut, für die einen gibt es tatsächlich Geld, für die anderen Liebe, aber bis dahin verzweigen sich die Wege ungeplant, bis Schritt für Schritt erkannt wird, dass fast jeder jemand anderes ist, als er oder sie vorgibt. Das alles wird aufgemischt mit bekannten Country- und Westernsongs von Johnny Cashs »I walk the line« bis Tammy Wynettes »Stand by your man«. Gesanglich schmettert Aline Bachmann zwar alle an die Wand, das tut dem Spaß aber keinen Abbruch.

Rico Stehfest / Fotos: Robert Jentzsch

nächste Vorstellungen im Garten des Schloss Übigau: 6.-9., 12.-16., 19.-23., 26.-30. Juli und weiter Vorstellungen im August



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