Der 1000. gefallene Soldat - »Der Himmel weint« ist mehr als ein Stück über den Krieg


07. Dezember 2018 – Im Keller der Messehalle 1 befindet sich die Kurt-Vonnegut-Gedächtniswand, die an den amerikanischen Autor des Romans »Schlachthof 5« erinnert. Vonnegut war 1945 genau in jenem Keller, als die heutige Messe noch Schlachthof war, als Kriegsgefangener untergebracht. Als er den Keller verließ, gab es Dresden nicht mehr. Die Erinnerungen daran und an den Krieg im Besonderen hat er in seinem Roman verarbeitet. Deshalb ist es kein Zufall, dass René Rothe für das Preview seiner neuen Inszenierung »Der Himmel weint« genau jenen Ort gewählt hat. Dieser Monolog dreht sich genauso um die Traumata, die der Krieg den Menschen zufügt.


In einer Wand aus großen Blöcken löst sich ganz unten ein einzelner Block, wird von hinten herausgeschoben, und hindurch windet sich Dirk Strobel. Man könnte meinen ein Untoter entstiege seinem Grab. Es ist George, der hier keine Ruhe findet. Zu sehr plagen ihn die Erinnerungen und Schuldgefühle an seinen Einsatz im Irak.

Er war gerade mal 21, als er sich 2005 für den Krieg im Irak freiwillig meldete. Noch vor seinem Einsatz lernt der den gerade erst 18 gewordenen Bill Taylor kennen. Dessen Mutter ringt George das Versprechen ab, ihren einzigen Sohn, ihr einziges Kind heil wieder nach Hause zu bringen. Obwohl George weiß, dass er dieses Versprechen nicht leisten kann, gibt er es doch. Am Ende wird er es tatsächlich nicht halten können. Aber bis zu Bills grausamer Tötung sterben so viele Menschen, dass der innere Tod den äußeren längst vorweg nimmt.


»Der Krieg hat sich genommen, was er konnte.« Dirk Strobels Stimme, der mal den George gibt, mal Bill, aber auch den eiskalten Sgt. Connor, bekommt in der der beeindruckenden Akustik der weitläufigen Keller die nötige Mahnung. Der Versuch, in der Aufarbeitung der Erinnerungen das Unerklärliche zu erklären, muss erfolglos bleiben. In Mossul gibt es keinen Ort mit Empfindung, kein Mitgefühl. Es gibt nur die Banalität des Tötens und die Banalität des Sterbens. Die Welt erscheint so dünn wie ein Blatt Papier.


George überlebt den Einsatz, fühlt sich selbst allerdings nur noch als Überrest. Grotesk erscheinen ihm nach seiner Rückkehr in die Heimat die Bezeugungen der Dankbarkeit durch die Bevölkerung. Ihm ist außer Wodka und Tiefkühlpizza nur das Grauen im Kopf und die übermenschlich wiegende Last der eigenen Schuldgefühle geblieben. George reißt die Mauer hinter ihm aber nicht nur ein. Er baut sie schlussendlich auch wieder auf. Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch Bills Mutter.

Rico Stehfest / Fotos: Eric Jacob

»Der Himmel weint« wird voraussichtlich im kommenden Jahr erneut in der Messe zu sehen sein. Geplant sind dann auch Vorstellungen für Schulklassen. Genauere Informationen wird es unter www.ensemble-lavie.de geben.



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