DRESDNER Interviews / O-ton!
Wir sind keine Hippies – Feine Sahne Fischfilet im Interview
Feine Sahne Fischfilet im Interview
■ Vor ihrem Auftritt am Elbufer traf sich DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl mit Sänger Monchi, Schlagzeuger Olaf und Bassist Kai auf einen Schnack am Fuße der Augustusbrücke.

Dresden ist das bisher größte Solokonzert eurer Karriere. Was geht einem da durch den Kopf?

Monchi: Alter, wir spielen da, wo auch die Kaisermania ist und das Ding wird voll. Da freut man sich einfach nur. Das Elbufer ist eine wunderschöne Location. Schon im letzten Jahr war ich mit »Wildes Herz« zu Gast bei den Filmnächten. Vor ungefähr tausend Leuten war es allein schon vom Ambiente her eine besondere Vorstellung. Jetzt werden unsere Familien mit da sein – das flasht einen.

Macht ihr euch als Band Gedanken, wie man die Show an die Größenordnung anpassen kann?

Olaf: Klar. Man überlegt, wie man dem Ganzen Charakter verleiht, tauscht sich viel untereinander und mit der Crew aus. Es gibt schon ein paar ganz gute Ideen.
Monchi: Wir spielen auch ein anderes Set, als auf den Festivals – länger und vollgepackt mit Besonderheiten.

Macht einen Erfolg, wie ihr ihn gerade erlebt, eigentlich alltagstauglicher?

Monchi: Ich war schon immer wenig alltagstauglich. Jetzt ist es mitunter eine völlige Parallelwelt und wir wissen nicht mal mehr, wo die Band am nächsten Tag sein muss. Trotzdem kommen wir ganz gut klar. Zu Hause rückt mich mein Freundeskreis schnell wieder zurecht. Kurz nachgefragt, wie es ist und schon wird über andere Sachen geredet.

Stichwort Lampenfieber: herrscht vor Konzerten schon mal leichte Gereiztheit?

Olaf: Manchmal mehr, manchmal weniger. Natürlich ist man aufgeregt, wenn lange im Vorfeld klar ist, wie groß das wird. Vor dem Konzert sind wir meistens alle zusammen, quatschen, singen irgendeinen Blödsinn und denken nicht mehr darüber nach. So lässt sich Lampenfieber gut vertreiben.
Monchi: Vor Dresden bin ich sicher anders aufgeregt als vor der Show in Berlin. Das nimmt sich zwar in der Größe nicht viel, in Dresden bekommt man auf Facebook aber schon vorab mit, wie die Leute abdrehen. Gerade hier mit den speziellen, vergangenen Jahren sind wir uns im Klaren darüber, das unseren Auftritt bei weitem nicht alle geil finden. Eines unserer letzten Konzerte in Sachsen haben wir in Chemnitz gespielt – da gab es eine Bombendrohung und es musste geräumt werden. Am Elbufer hoffen wir, dass es für alle ein toller Abend wird.

Die AfD träumt in Sachsen und anderswo schon vom Ministerpräsidenten. Was können über zehntausend Leute die zu euren Songs tanzen hier dagegen halten?

Olaf: Wenn viele Leute aus der Stadt und Umgebung zusammenkommen, entsteht das Gefühl, nicht alleine zu sein. Dadurch wird sich nicht alles ändern, aber in den Wochen danach vielleicht ein gutes Gefühl bleiben. Es geht auch darum, offensiver und bewusster mit der eigenen Meinung umzugehen…
Monchi: …und nicht irgendwelche AfD-Wähler umzustimmen. Wir sind keine Hippies und bilden uns ein, dass Sachsen erblüht, wenn wir ans Elbufer kommen. Genau wie in MV (Mecklenburg-Vorpommern, Anm. d. Red) und ganz vielen anderen Regionen gibt es auch hier coole Leute. Deswegen ist es schön, große, aber auch kleinere Konzerte wie im AJZ in Chemnitz oder der Chemiefabrik in Dresden zu spielen. Tolle Momente mit Leuten, die engagiert sind – das muss man stärken. Bloß keine Weltuntergangsstimmung verbreiten, sondern selbstbewusst entgegentreten. Gute Momente sind wichtig.

Mit »Noch nicht komplett im Arsch« als Schlachtruf im Gepäck?

Monchi: Manchmal klingt er kämpferisch, manchmal leise, manchmal laut. Das ist unterschiedlich und nicht bei jedem Konzert gleich. In Sachsen ist richtig viel räudig und scheiße. Da muss man nur nach Plauen schauen. Auch in MV ist richtig viel räudig und scheiße – das gehört alles angesprochen. Einige Leute kotzt das sicher an, aber genau das ist es, was man mit Musik schaffen kann. Es geht um ein grundlegendes Gefühl.

Monchi, im Film »Wildes Herz« singst du auf einer Hochzeitsfeier einen Ärzte Song. Mit welcher Musik bist du aufgewachsen?

Monchi: Ich habe wirklich alles gehört. Ganz früher waren das Udo Lindenberg oder Die Prinzen. Mit 13 oder 14 dann Landser und Ärzte. So absurd es klingen mag – das war es, was wir auf dem Dorf gehört haben.

Im Film sprichst du davon, eine ordentliche Portion Rassismus und Sexismus im Kopf zu haben. Auch deine nicht ganz gewaltfreie Vergangenheit in der Ultraszene wird offen thematisiert. Sind das Reflexe, die man nie komplett ablegt oder kam irgendwann der Punkt, an dem du letztlich abgeschworen hast?

Monchi: Bezogen auf Gewalt?

Zum Beispiel ... ?

Monchi: Ich bin kein Pazifist und finde es komisch, wenn Leute im Nachhinein über ihre Vergangenheit als das Allerschlimmste auf der Welt reden. Das habe ich im Film auch nie gesagt. Manch einer möchte das so interpretieren, weil gerne mit derartigen Geschichten aufgemacht wird. Vor kurzem war ich mit dem Film und anschließender Diskussion in einem Knast in Stralsund. Die Anstaltsleitung war super, tolle Leute, aber man hat gemerkt, dass auch sie mich gerne hätten Sätze sagen hören wie: »Jungs, werdet ordentlich, gründet eine Band und alles wird super und nie wieder wird euch was widerfahren.« Was für ein Quatsch. Klar verändert man sich, aber komplett bekommt man so etwas nie aus einem raus.

Von der bürgerlichen Mitte werdet ihr hofiert, gleichzeitig wird sich an manchen Texten gestört. Herrscht da eine gewisse Scheinheiligkeit?

Monchi: Klar gibt es Leute, die uns plötzlich umarmen wollen. Natürlich wissen wir, dass einen genau die auch schnell wieder wegdrücken, wenn es ihnen nicht mehr in den Kram passt.

Gibt es hierfür einen adäquaten Schutzmechanismus?

Monchi: Auf das eigene Umfeld konzentrieren und nicht belabern lassen, wenn man uns als Feigenblatt benutzen will. Wir haben es bislang ganz gut hinbekommen uns nicht vereinnahmen zu lassen und in komischen Situationen wird auch mal Kontra gegeben.

Euch schlägt viel Hass entgegen – bringt einen das persönlich schon mal an den Rand?

Monchi: Es gibt schöne und es gibt schlechte Momente. Als Sänger steht man da nochmal anders im Fokus. Ich bin ja auch schnell wiederzuerkennen. Manchmal hat man keinen Bock mehr darauf. Ich kann dir nicht mehr sagen, ob ich das bis zu meinem Lebensende durchziehe.
Im Text zu »Wir haben immer noch uns« heißt es: »Wir haben angeklagt und doch selber auch versagt.«

Was ist damit gemeint?

Kai: Speziell an den NSU-Komplex gedacht, kann man sich nicht einfach freisprechen. Wer von den Linken hat die Thematik auf die Tagesordnung gesetzt oder widersprochen, wenn von »Döner-Morden« die Rede war? Zumindest nicht so, dass es wahrnehmbar war.
Monchi: Als ich die Textzeile geschrieben habe, hatte ich auch Rostock-Lichtenhagen im Sinn. In den 90ern gab es Diskussionen, ob sich alle nur auf den Staat verlassen haben, man aber hätte versuchen sollen, selbst zu agieren. Wenn man anklagt, gibt es immer auch Momente, in denen man selber erbärmlich war oder hätte anders agieren müssen.
Besten Dank für das Gespräch!

Feine Sahne Fischfilet spielen am 6. Juli bei den Filmnächten am Elbufer, Support kommt von The Baboon Show und Banda Internationale. Mehr zur Band: http://feinesahnefischfilet.de/

« zurück