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»Wir können einfach nicht mehr leise sein« – Rany (Foto: Michael Schmidt) im Gespräch zur »Kopfwerkstatt« und neuen Plänen
Rany (Foto: Michael Schmidt) im Gespräch zur »Kopfwerkstatt« und neuen Plänen
■ Rany Dabbagh tanzt auf vielen Hochzeiten. Als Singer/Songwriter spielt er solo Wohnzimmerkonzerte, in kleinen Clubs oder auf Hochzeiten, als Bandleader seiner »Dresden Soul«-Band Rany tourt er durchs Land und auch in der regionalen HipHop-Szene ist er ein gern gesehener Gast. Doch das ist noch längst nicht alles: Als Erfinder der »Kopfwerkstatt« tritt er seit einiger Zeit auch als Entertainer und Veranstalter in Erscheinung. DRESDNER-Redakteur Heinz K. hat Rany zu seinen neuesten Vorhaben befragt.

Was genau ist die »Kopfwerkstatt«?

Rany: Die Kopfwerkstatt ist die Fortentwicklung des »Couchgeklimpers« in Katys Garage. Jetzt gibt es für drei Städte jeweils einen »Kopf«: In Dresden bin das ich, in Leipzig ist das der Schraubenyeti und in Görlitz der Poet Mario Kelling. Das »Werk« ist dann eher die Sache des Gastes. Wir laden uns also Gäste ein und versuchen mit ihnen einen sehr individuellen Abend zu gestalten. Das heißt, wir reden mit ihnen und lassen zusammen mit dem Publikum spielerisch neue Songs entstehen. Das Publikum gibt uns Wörter vor, der Gast muss daraus ein Lied machen. Oder, was wir auch schon hatten: Das Publikum muss raten, was der Gast schon so alles erlebt hat. Da ist also immer sehr viel Interaktion dabei.
Im Grunde ist das ein neues Musikformat, das Dresden, Leipzig und Görlitz verbindet. Dies soll auch gleich ein Aufruf an interessierte Künstler sein, denn wir können ihnen gleich drei Auftritte in verschiedenen sächsischen Städten bieten.

Also steht bei der Kopfwerkstatt nicht unbedingt das Reden über Musik im Vordergund?

Rany: Nein, es geht um das Gefühl. Das heißt: Wir reden natürlich, das ist auch Teil des Programms, aber im Vordergund stehen die Musik des Gastes und die interaktiven Spiele mit dem Publikum. Das machen wir furchtbar gern und passen es an unsere Gäste an. Wir sagen immer: Wir machen das, was Fernsehen oder Internet nicht bieten können, weil man bei uns Publikum und Künstler eben noch richtig anfassen kann.

Soll das Format im intimen Rahmen bleiben oder habt ihr damit Größeres vor?

Rany: Momentan sind wir bei einer Größe von 40 bis 80 Leuten. Das ist ein schöner Rahmen, um persönlich zu bleiben. Größer ist das erst einmal nicht geplant.

Du machst viele Projekte, etwa mit dem Rap-Kollektiv44, bist als Singer/Songwriter und mit Band unterwegs. Gibt es für dich einen roten Faden?

Rany: Was man bei mir immer bedenken muss: ich habe mein Abitur abgebrochen, weil ich Musiker sein wollte. Ich hatte schon mit sechs Jahren beschlossen, dass ich ein Klavier haben will und meine Eltern drei Nächte lang wachgehalten, bis ich das Klavier bekam. Der rote Faden besteht für mich darin, mich musikalisch auszudrücken. Das ist für mich sehr bereichernd und eine große Motivation, das Leben schön zu finden. Aber es ist schwer, von Musik zu leben. Also habe ich begonnen, mich nicht als Musiker oder Künstler zu begreifen, sondern ich sehe mich als Handwerker, der mit Worten und Stimme umgehen kann.
Durch das Couchgeklimper etwa, was bei mir ganz am Anfang stand, habe ich meine Angst überwunden, denn ich konnte nicht vor Publikum reden und habe vor Angst gestottert. Also hab ich mir gesagt, dann machst du eben eine Veranstaltung, wo du nur redest. Und die ersten waren schrecklich! Jetzt macht mir das richtig Spaß.

Das neue Album deiner Band wurde über Crowdfunding finanziert. Wird sich musikalisch und inhaltlich etwas verändern?

Rany: Das nächste Album soll ein wenig weg vom Singer/Songwriter gehen. Da wird gerappt, es wird neue Gäste und Instrumente geben. Und ich erzähle nicht mehr nur meine eigenen Geschichten. Mittlerweile finde ich in Anbetracht der Zeit, in der wir leben, der politischen Entwicklung in Dresden und der Welt, dass wir einfach nicht mehr leise sein können. Weil ich die Spannung ja selber spüre. In meiner Familie gibt es den syrischen und den deutschen Einschlag und auch in meinem Umfeld ist das spürbar. Ich kann noch nicht klar sagen, um was es konkret bei dem Album geht. Aber, um eine Antwort zu geben: Ich glaube, dass wir momentan eine gespaltene Gesellschaft sind, in der Selbstwert ein großes Thema sein müsste, aber extrem fehlt, weil es schwierig geworden ist, diesen aufzubauen. Viele Menschen beschäftigen sich nicht damit, leiden aber unterbewusst darunter. Ich habe das selbst erfahren dürfen und es fasziniert mich. Die CD wird definitiv angriffslustiger sein als alle vorherigen, aber auch dankbarer – allein schon den Unterstützern unseres Crowdfundings gegenüber.
Vielen Dank für das Gespräch!

Rany ist mit Impro-Songs zur Finallesung des Literaturwettbewerbs »Dresdner Miniaturen« am 14. Mai im Lofthouse zu erleben, am 16. Mai hat er in Katys Garage den Leipziger Singer/Songwriter Peter Piek in der »Kopfwerkstatt« zu Gast und am 23. Mai ist er mit Band in Katys Garage zu erleben. Zuletzt erschien von Rany im Dezember 2016 die »Feuer«-EP. Mehr unter www.rany.band

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