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Wie wär`s mit links? – Beatsteaks im Interview
Beatsteaks im Interview
■ Nach dreijähriger Schaffenspause melden sich die »Cool Cats« von der Spree mit einer EP zurück. Von Fans heiß ersehnt, erscheint »In The Presence Of« am 11. Dezember, enthält sechs Coverversionen, von denen es bis dato drei als Singleauskopplungen zu hören gibt. Wie die Stücke ausgewählt wurden, welche Songs es nicht auf die Scheibe geschafft haben und was ihm dieser Tage Angst macht, verriet Beatsteaks-Bassist Torsten Scholz DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl.

»Monotonie« von Annette Humpe und Ideal ist die erste Single zur neuen EP. Warum hilft ein Sommerhit im Corona-November?

Torsten Scholz: Weil man kurz an etwas anderes denkt, sich an den letzten Urlaub erinnert oder einfach über die lustigen Knallköppe der Band freut. Auch Mitsingen fällt einfach. Manch einem aber hilft es auch gar nicht – da kann man nichts machen.

Warum finden sich auf »In The Presence Of« ausschließlich Coverversionen von Sängerinnen?

Torsten Scholz: Arnim, unser Sänger hat am Ende das letzte Wort. Klar, er muss ja auch alles singen. Deshalb war es ein Segen, dass er schon mit vielen Vorschlägen kam. Wir sind fünf ältere Männer. Was liegt da näher, als Songs zu interpretieren, die sonst von der Damenwelt gesungen werden?

Die komplette Titelliste ist noch geheim. Bei Erscheinen dieser Ausgabe aber werden neben »Monotonie« eure Versionen von »Glory Box« (Portishead) und Hildegard Knefs »Von nun an ging's bergab« erschienen sein. Wie habt ihr euch auf diese Songs geeinigt?

Torsten Scholz: Portishead ist bis heute eine der beeindruckendsten Bands der 90er. Die finden alle super. So etwas zu spielen war eine echte Herausforderung. Hat, wie ich finde, aber ganz gut geklappt. Und was das Stück von Hildegard Knef angeht, gibt es nur einen Song, der besser ist als »Hey Du« und das ist dieser.

Gab es Titel, die auf der Liste standen, dann aber gestrichen wurden? Wenn ja, welche?

Torsten Scholz: Wir haben uns an den Breeders versucht. Das klappte eher nicht so.

Mit im Studio war Stammproduzent Moses Schneider?

Torsten Scholz: Es gab von vornherein die Idee, wieder mit Moses zu arbeiten. Die Hansa Studios waren dann auch sein Vorschlag. Wir sind noch nie dagewesen, er aber kennt sie wie seine Westentasche. Alles ein wenig in der Tradition der »Wohnzimmer – EP«. Die entstand ja vor circa 125 Jahren in fast der gleichen Konstellation.

Alle Stücke wurden live aufgenommen: Was ist für dich als Musiker dabei der Hauptunterschied zu klassischer Studioarbeit, bei der jedes Instrument mitsamt Gesang in der Regel einzeln aufgenommen wird?

Torsten Scholz: Wenn ich ehrlich bin, ist diese Art der Aufnahme für mich der klassische Weg, ganz einfach, weil wir es schon oft so gemacht haben. Diesmal gab es den Unterschied, dass selbst der Gesang live mitgeschnitten wurde. Es ist schon toll, wenn man einen Song einigermaßen gut geprobt hat und die Laune bei den Aufnahmen durchweg gut ist. Nach ein paar Durchläufen ist alles im Kasten, man kann das Endergebnis gleich hören und ordentlich abfeiern.

Wie schwierig ist es dieser Tage, ohne Tour- und Konzerttrubel auskommen zu müssen?

Torsten Scholz: Alle, die mit Veranstaltungen jedweder Art ihr Geld verdienen, befinden sich in einer schwierigen Situation, zumal die dringend benötigte Hilfe auf sich warten lässt. Klar fällt es auch schwer die Füße stillzuhalten. Am schlimmsten empfinde ich allerdings die Gesamtsituation in diesem Land. Was jetzt an die Oberfläche kommt und sich sehr lautstark artikuliert, ist teilweise mehr als ekelhaft. Die Pandemie als Vorwand für allerhand populistischen Scheiß zu nehmen und sich offenen Auges in rechte, antisemitische, rassistische und was weiß ich noch für menschenfeindliche Ecken zu begeben, das macht Angst.

Ihr unterstützt als Band das Bündnis »Alarmstufe Rot«, das auf die derzeit desaströse Situation der Veranstaltungsbranche hinweist und um deren Rettung kämpft. Was ist dein ganz persönlicher Appell an die Politik, und müsste sich die Branche neu aufstellen, um künftig besser gerüstet zu sein?

Torsten Scholz: Dieser Tage macht die Branche das einzig Richtige, hält sich an Maßnahmen und grübelt über neuen Konzepten. Wie will man auch gerüstet sein, wenn selbst die größte Mühe nicht reicht? Am Ende muss diesem sehr großen Wirtschaftszweig mit seinen vielen Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen mit Geld geholfen werden. So, wie auch anderen Bereichen unter die Arme gegriffen wurde. Die Veranstaltungsbranche war die erste, die zumachte und wird die letzte sein, die wieder aufmacht. Sie mag einigen Leuten nicht so wichtig erscheinen, wie Autokonzerne oder Fluggesellschaften. Ist sie aber, und zwar für mehr als 1,5 Millionen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten.

Wann können die Fans wieder mit neuen, eigenen Beatsteaks Songs rechnen?

Torsten Scholz: Wenn die Beatsteaks wieder neue Songs geschrieben haben. Wir nehmen hoffentlich den Rückenwind aus der EP mit in den Proberaum. Dann werden wir mal sehen.

Wenn du einen Song über 2020 schreiben müsstest – was wäre ein idealer Titel?

Torsten Scholz: »Wie wär`s mit links?«
Vielen Dank!

Mehr zur Band unter www.beatsteaks.com/

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