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»Sei kein Arschloch!« – Kitty, Daisy & Lewis im Interview (Foto: Gullick)
Kitty, Daisy & Lewis im Interview (Foto: Gullick)
■ Der Soundcheck ist gerade vorbei, die Menge noch nicht im Saal. Bevor das Trio am Abend auf der Bühne des legendären »Subterania Clubs« in London stehen wird, nimmt sich Kitty Zeit, um mit DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl über große Tourneen, kleine Schubladen und Streitigkeiten unter Geschwistern zu sprechen.

Wenn du die letzten zehn Jahre Revue passieren lässt: Was war gut, was nervig?

Kitty: Musizieren und damit die Welt sehen zu können ist schon sehr beeindruckend. Ich schätze mich glücklich unterwegs zu sein, auf verschiedenen Festivals zu spielen und an Orte wie Japan oder Neuseeland reisen zu können.

Wie hat das angefangen?

Kitty: Auf unserer ersten richtigen Tour begleiteten wir Coldplay für sechs Wochen als Vorband durch Amerika. Erst einen Tag bevor es losging, habe ich die Schule verlassen. Wir spielten in großen Stadien und Arenen. So etwas hatten wir vorher noch nicht gemacht. Heute Abend spielen wir in einem Club vor fünf- oder sechshundert Leuten. Das wird ein großer Spaß und eher familiär – eine klassische Rock’n’Roll Show. Ich genieße den Wechsel von verschiedenen Konzerten vor unterschiedlichem Publikum.

Und die schlechten Seiten?

Kitty: Wenn ich ehrlich bin, gibt es keine wirkliche Kehrseite. Ein paar Arschlöcher trifft man in jedem Job.

Haben mit der Zeit viele Leute versucht, euch nach ihrem Gusto zu formen?

Kitty: Nicht wirklich. Wir tun, was wir tun und die Leute scheinen es zu mögen. Da wir nie bei einem großen Major-Label unterschrieben haben, gab es auch keine Versuche, uns im Hinblick auf unser Aussehen, unsere Musik und die Art wie wir aufnehmen zu beeinflussen. Das konnten wir glücklicherweise umgehen.

Bei der dritten Platte kam es zur Zusammenarbeit mit Mick Jones von The Clash, das aktuelle Album »Superscope« habt ihr wieder alleine produziert. Ist Familienbande das bessere Rezept?

Kitty: Es kommt auf das Projekt an. Wir sind immer offen für interessante Vorschläge und scheuen uns nicht, neue musikalische Einflüsse auszuprobieren. Damals gab es den Entschluss, für die Produktion jemanden von außen mit ins Boot zu holen, um neue Ansätze auszuprobieren. Bei »Superscope« hatten wir schon die Songs, wussten, was zu tun ist und brauchten somit keinen Produzenten.

Der Song »Slave« sticht heraus. Er klingt funky, fasst schon poppig. Gefällt mir gut. Ein Beispiel für die Offenheit gegenüber anderen Einflüssen wie du sie gerade angesprochen hast?

Kitty: Genau. Damals wollte ich den Song sogar als erste Single des Albums veröffentlichen. Unglücklicherweise hat es die Plattenfirma nicht erlaubt. »Slave« ist ein Stück, an dem wir ziemlich hart gearbeitet haben. Wie du schon gesagt hast, klingt er etwas poppiger, es gibt Bläser, Streicher und Gesang im Hintergrund. Freut mich, dass er dir gefällt.

Ist es mitunter hart, wenn ihr als Band unter der Retro-Flagge auf euren frühen Sound reduziert werdet?

Kitty: Klar nerven Fragen, warum wir uns nicht auf unsere Anfänge besinnen. Als wir das erste Album machten, hatten wir die Songs, die wir zu dieser Zeit auch live spielten. Es strengt an, erklären zu müssen, dass wir schon immer unterschiedliche Musik gehört haben. Bis zu einem gewissen Punkt verstehe ich aber auch, worum es dabei geht.

Inwiefern?

Kitty: Man isst, was man kennt. Macht eine Band etwas ungewohntes, kommt das beim Publikum nicht automatisch gut an. Trotzdem passen wir ganz klar nicht nur in diese eine musikalische Schublade.

Ihr habt eine starke Beziehung zu euren Eltern – sind sie nach wie vor in die Band involviert?

Kitty: Beide haben die letzten 15 Jahre mit uns auf der Bühne gestanden. Meine Mutter spielte Bass, ist aber vor einem Jahr in Rente gegangen und geht nicht mehr mit auf Tour. Daisys Freund hat das übernommen. Mein Vater spielt nach wie vor die Rhythmusgitarre. So halten wir es in der Familie.

Als drei Geschwister in einer Band: Was ist das Geheimnis sich nach all den Jahren noch riechen zu können?

Kitty: Früher gab es durchaus hässliche Streitigkeiten. Konflikte, wie man sie als Geschwister im Kindesalter nun mal hat. Jetzt sind wir erwachsen, und es wird weniger – auch wenn wir uns manchmal noch ganz schön in den Haaren haben.

Was glättet dann die Wogen?

Kitty: Wir lieben was wir tun, sind eine Familie, und die Band ist unsere Haupteinnahmequelle. Von Anfang an gab es außerdem die Maxime, aufzuhören, sobald wir es nicht mehr genießen können. Es ist wichtig nett zueinander zu sein und zu begreifen, dass wir etwas tun, das nicht vielen Leuten vergönnt ist. Count your lucky stars.

Auf der Bühne lasst ihr die Instrumente rotieren – auch ein Zugeständnis an die Zufriedenheit aller Beteiligten?

Kitty: Wir machen das, seit wir Kinder sind, und haben es beibehalten, als wir angefangen haben auf der Bühne zu stehen. Will ich Gitarre spielen, spiele ich Gitarre, will ich Schlagzeug spielen, spiele ich Schlagzeug. Das war bei uns schon immer so.

Hast du eine persönliche Rock’n’Roll-Philosophie?

Kitty: Sei kein Arschloch. In einer Rock’n’Roll-Band glauben viele, man müsse ein Rebell sein, Fernseher aus dem Fenster werfen und sich ordentlich daneben benehmen. Was für ein Blödsinn. Rock’n’Roll bedeutet für mich, es ordentlich krachen zu lassen, live zu spielen und eine gute Zeit zu haben.

Gab es einen Plan B, falls es mit der Musik nicht geklappt hätte?

Kitty: Nein. Als ich jünger war, interessierte ich mich für Geschichte und Archäologie. Vielleicht hätte ich diesen Weg weiter verfolgt und mich an der Uni eingeschrieben.

Es kam anders?

Kitty: Mit 16 habe ich die Schule verlassen und bin in einen Tourbus gesprungen. Der Rest ist Geschichte.

Rückblickend die bessere Entscheidung?

Kitty: Definitiv. Ich bereue nichts.
Besten Dank für das Gespräch!

Kitty, Daisy & Lewis sind am 22. Juni in der Saloppe zu erleben; mehr zur Band: www.kittydaisyandlewis.com/

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