DRESDNER Interviews / O-ton!
Lebendig gewordene Geschichte(n) – Ein Gespräch zum erlesenen Programm der »schriftgut 2013«
Ein Gespräch zum erlesenen Programm der »schriftgut 2013«
■ Die »schriftgut«, Dresdens individuelle Literaturmesse, öffnet ihre Pforten Anfang November zum zweiten Mal. Lesefreudige Besucher wandeln dieses Jahr auf den Fußnoten barocker Dichtung. Peggy Salomo, Projektmanagerin der »schriftgut« und Vizepräsidentin der Dresdner Gesellschaft für Literatur e.V., sprach mit DRESDNER-Autorin Josefine Gottwald über Fächersprache und weiße Raben und erklärt, warum die »schriftgut« einfach anders ist.

Warum braucht Dresden eine eigene Buchmesse?

Peggy Salomo: Die großen Messen fanden wir immer irgendwie zu unpersönlich. Zu viele Reize strömen auf die Menschen ein und man hat kaum Zeit, sich intensiv mit dem Medium Buch zu beschäftigen. Deswegen gründeten wir die Dresdner Gesellschaft für Literatur e.V. und riefen die »schriftgut« ins Leben, als Plattform für das regionale Buchwesen, aber vor allem, um den Leuten die Entstehung eines Buches nahezubringen, und zwar auf möglichst interaktive Art und Weise.

Auf der Website beschreiben Sie die »schriftgut« als »Mitmach-Event«. Wie können wir uns das vorstellen?

Peggy Salomo: Auf der »schriftgut« sollen die Besucher nicht nur von Stand zu Stand geschoben werden, wir wollen sie aktiv ins Geschehen einbinden. Auch im letzten Jahr konnte man schon auf verschiedene Arten Papier schöpfen, drucken und kalligrafieren lernen. Jetzt wollen wir den Mitmach-Teil sozusagen noch größer schreiben; die Besucher können überall Neues entdecken und ausprobieren und so das Buch ganz neu erfahren.

Aber Sie setzen auch auf Regionales und Handwerkliches?

Peggy Salomo: Das traditionelle Buchhandwerk ist inzwischen bei der jüngeren Generation fast völlig unbekannt. Aber wie viel Liebe, wie viel Kunsthandwerk dazugehört, ein Buch wirklich vom Papierbogen von Hand zu fertigen, kann einen Bücherfreund nur faszinieren. Auf der »schriftgut« hat jeder die Möglichkeit, diese Prozesse und Kniffe selbst zu beobachten und zu versuchen. Unter anderem präsentieren sich verschiedene Mitglieder der Buchbinder-Landesinnung Sachsen; bei ihnen kann man zu Beispiel beobachten, wie früher und heute Bücher gebunden wurden und was den Beruf eines handwerklichen Buchbinders ausmacht.
Die Stände und das Programm werden hauptsächlich durch regionale Verlage und Autoren gestaltet, so hat man auch die neue Literatur aus Dresden zum Anfassen nahe. Am Sonntag verleiht etwa die bekannte Dresdner Literaturzeitschrift »Signum« den »Weißen Raben«, einen neu ins Leben gerufenen Preis für die beste Debütveröffentlichung. Weiterhin wird es in diesem Jahr eine ganz besondere Neuheit geben: einen interaktiven »Zeitreise«-Bereich. Die Gäste sollen dabei jährlich wechselnde literarische Zeitepochen kennenlernen und das Leben und die Literatur anhand von Werken, Dichtern und Persönlichkeiten hautnah erleben. Passend zum Stadtbild widmet sich die »schriftgut« dieses Jahr der barocken Literatur.

Also Geschichte und Geschichten zum Erleben. Wie kann man sich das vorstellen?

Peggy Salomo: Persönlichkeiten der Epoche sind sozusagen live auf der Messe und mitten zwischen den Besuchern. Figuren wie Friedrich der Große, die Reichfürstin von Teschen oder der Hofbildhauer Balthasar Permoser stehen Rede und Antwort oder lesen aus Büchern und Briefen. Natürlich soll man auch hier wieder aktiv werden: Nicht nur die »Fächersprache« bei Hofe ist interessant, es werden barocke Märchen gelesen und Tänze gezeigt – man kann sich sogar zu Casanova ins Bett legen! Konzerte der Europäischen Kammerphilharmonie Dresden runden das historische Flair ab. Am Messe-Samstag können die Besucher zweimal Franz Schuberts Streichquartett »Der Tod und das Mädchen« lauschen, das auf einem Gedicht von Matthias Claudius von 1775 aufbaut. Darauf freue ich mich schon besonders.
Besten Dank für das Gespräch!

2. Dresdner Literaturmesse »schriftgut«, vom 1. bis 3. November in der Börse/ Messegelände im Ostragehege, Messering 6. Weitere Infos, Aussteller & Programmhinweise unter www.schriftgut-messe.de

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