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Krach und Diskurs in der Queer Station – Ein Interview zum ersten feministischen Festival in Dresden
Ein Interview zum ersten feministischen Festival in Dresden
■ Punkmusik ist Männersache? Das böse und gemein möchte mit Rollenklischees aufräumen und ein abgefahrenes Festival für feministische Krachmach-Bands veranstalten. Zwei Tage lang wird die Groove Station zur »Queer Station« und es treten acht Bands auf, die alle entweder female-fronted sind oder ausschließlich aus Frauen bestehen. DRESDNER-Autorin Julia Spath hat im Interview mit Ulla Heinrich und Annemarie Krause aus dem Organisationsteam herausgefunden, warum eben feministische Veranstaltungen wie diese so wichtig sind.

Warum ist es nötig, das »böse und gemein«-Festival zu veranstalten?

Ulla: Die Groove Station war bis jetzt – wie 99 Prozent aller Veranstaltungsorte in dieser Stadt – ein Ort ohne tiefgreifenden feministischen Diskurs. Im Nachtleben wird höchstens noch über den Schutz von Frauen vor Übergriffen gesprochen. Wie Räume und Atmosphären gestalten werden können, oder welche Verantwortung hier auch die Clubbesetzerinnen und Bookerinnen haben, darüber wird selten kommuniziert. Es wird hingenommen, dass wenige Frauen auf Bühnen oder hinter DJ-Pults zu finden sind, nach dem Motto: »Ist halt so«. Das gilt niemals für alle Frauen, aber es gibt Menschen in dieser Stadt, die sich eine »alternative« Atmosphäre auf Veranstaltungen wünschen, Veranstaltungen mit Awareness und durchaus auch Veranstaltungen, auf denen Frauen vorrangig aktiv sind und in allen Bereichen verantwortungsvoll und gestaltend eingebunden.

Ihr wollt die Groove Station »feministisch besetzen«. Was genau bedeutet das?

Ulla: Wenn wir Räume feministisch besetzen, dann öffnen wir einen Diskursraum, der auch bestimmte Regeln hat, in denen respektloses, sexistisches, homo- oder transphobes Verhalten nicht akzeptiert wird. Indem wir ganz bewusst nur mit Frauen zusammenarbeiten und ein female-focused Line Up haben sowie ein ausführliches Rahmenprogramm mit feministischen Ausstellungen, Aktionen, Interaktionen, Ständen und Installationen, prägen wir diesen Ort mit diesen Themen.

Was gab den Anlass für das Festival?

Ulla: Wir gehen selbst sehr viel in Dresden auf Konzerte und hatten irgendwann einfach den Kanal voll, immer nur Typen auf der Bühne beim Mucke machen zu zu sehen. Es geht nicht darum, dass männliche Musiker schlechter sind oder nicht willkommen. Uns hat einfach der Diskurs darüber komplett gefehlt, wie Bühnenprogramme, Shows, Bookings vor einem feministischen Hintergrund gestaltet werden können und dass hier sehr wohl auch andere Akzente gesetzt werden können. Jungsnetzwerke müssen kritisch reflektiert werden und eben auch: Sind das Räume, in denen sich auch jemand anders wohl und frei fühlt als der weiße, heterosexuelle Mann. Dann haben wir in einer Nacht und Nebelaktion all unsere Lieblingsbands nach Dresden eingeladen und alle haben zugesagt.

Auf der Website ist ein »Feministisches Frühstück« angekündigt. Was genau ist darunter zu verstehen?

Ulla: Das hängt von den Akteurinnen ab, die dahin kommen. Es werden sicherlich viele Musikerinnen und Referentinnen dabei sein, insofern ist es ein guter Ort, um sich zu vernetzen und über das Festival gemeinsam zu reflektieren und erste Resümees zu ziehen. Außerdem wird sich unser formidables Hospitality-Team sicherlich die eine oder andere Überraschung überlegen: Von Muschikeksen bis … – da sind viele lustige Sachen geplant.

Wie wird der Austausch mit den Besuchern stattfinden?

Ulla: Wir werden Freiräume zur Verfügung stellen. Beim Festival soll auch das Festival schon reflektiert werden, also am besten ist das ein Prozess. Wir werden außerdem einige Methoden wie Austausch-Wände, Kennenlernoptionen, Interessenbörsen etc. machen. Daran tüfteln wir gemeinsam mit unseren Partnerinnen von »e*vibes – für eine emanzipatorische Praxis«.
Vielen Dank für das Gespräch!

»böse und gemein« Festival, 24. bis 26. Juni, jeweils ab 20 Uhr in der Groove Station. Unter anderem mit Anti-Corpos, Cocaine Piss, Femme Krawalle & Gurr. Außerdem Ausstellungen des »Cunt Collectives« (Genitalien, Masturbation & Menstruation) und OFF THE ROKKET (Queere Pin Ups) sowie Aufklärungsstände, Workshops, Vorträge und Foren, um sich austauschen. Weitere Infos unter: www.facebook.com/boeseundgemein666/

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