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Gib nicht auf, wenn du an etwas glaubst! – Bloodlights Captain Poon im Interview
Bloodlights Captain Poon im Interview
■ Als Gitarrist der norwegischen Kultband Gluecifer hat er Rockgeschichte geschrieben, bei den Bloodlights zeigt Captain Poon seit einigen Jahren, dass er auch als Frontmann eine gute Figur macht. Mit DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl unterhielt sich das lederbejackte Urgestein über schlechte Musik aus dem Radio, Parkplatz-Schießereien und Rock‘n‘Roll als lautstarken Gegenentwurf.

Wie lange machst du schon Rock‘n‘Roll?

Captain Poon: Eine halbe Ewigkeit. Ich habe angefangen in einer Band zu spielen, als ich zwölf oder dreizehn Jahre alt war.

Kann man ein guter Musiker sein, ohne gleichzeitig Fan zu sein?

Captain Poon: Ich glaube nicht, dass man dann ein guter Songwriter sein kann. Man muss Musik hören und sie genießen, um auch etwas Gutes daraus machen zu können. Es gibt Bands, die sind besessen von sich selbst, ihrem Image und ihrer eigenen Musik. Dabei vergessen sie oft, sich die ganzen anderen guten Bands da draußen anzuhören.

Du hast vor kurzem Gitarre in der Band von Marky Ramone gespielt. Wie war das?

Captain Poon: Eine interessante Erfahrung, wenn man bedenkt, dass er ein Teil der Band war, mit der so viele Leute groß geworden sind, mich eingeschlossen. Natürlich wusste ich vorher, dass Marky ein ziemlich seltsamer Typ ist. Er ist nicht die Sorte Mensch, den man so besser kennenlernt, oder der dich kennenlernen will. Er macht sein eigenes Ding. Wenn man also nur auf Tour sein will und sich nicht darum schert, was sonst noch abgeht, wenn man keine gute Zeit mit den Leuten unterwegs haben möchte, dann kann man auf ewig mit Marky Ramone touren. Ich persönlich möchte mit den Leuten auf Tour aber eine gute Zeit haben. Natürlich gab es coole Erlebnisse wie größere Festivals mit großem Publikum, das zu den Ramones-Klassikern schlichtweg durchdreht. Die Zeit auf der Bühne hat daher oft richtig Spaß gemacht, nur der Rest war ziemlich beschissen.

Die Bloodlights sind ebenfalls eine hart tourende Band. Ist das ständige unterwegs sein ein nötiges Übel, oder macht es noch Spaß?

Captain Poon: Ich mag es. Wenn man nicht gerne auf Tour ist, dann sollte man in keiner Rockband spielen. Nur so wird man besser und entwickelt sich weiter. In den letzten zwei Jahren war ich viel weniger auf Tour, als mir lieb ist. Es ist gut, wenn bald wieder mehr los ist.

Was war dein seltsamstes Erlebnis auf Tour?

Captain Poon: Mit Gluecifer spielten wir einmal eine Show in Denver. Als wir spät über einen Parkplatz liefen, fielen in 50 Meter Entfernung plötzlich Schüsse. Wir waren mit ein paar Mädchen unterwegs und haben uns richtig erschrocken. Biff (Biff Malibu. Sänger bei Gluecifer. Anm.d.Red.) und ich sind zum Club zurückgelaufen, die Mädchen einfach weitergegangen. Wir haben sie später in einem anderen Club wiedergetroffen. Sie konnten nicht verstehen, dass wir abgehauen waren, da so etwas ständig passieren würde und man sich darüber keine Sorgen machen müsste.

In einem frühen Interview hast du mir erzählt, dass alle deine Ersparnisse in die erste Platte der Bloodlights geflossen sind und es keinen Plan B gibt. Hat sich die Investition gelohnt?

Captain Poon: Ich habe nie damit gerechnet reich zu werden, sondern genieße, das tun zu können, was ich tue. Viele der alten Weggefährten haben längst aufgegeben, eine Familie gegründet und ihr Leben geändert. Das wollte ich nie.

Hat du keine Angst vor Altersarmut?

Captain Poon: Wenn man anfängt, darüber nachzudenken etwas zu machen, das beständiger und erwachsener daherkommt, wird man schnell wie all die anderen. Das ist nicht mein Weg.

Haben deine Bandkollegen von den Bloodlights keine Angst, dass du die Band in Richtung Gluecifer verlassen könntest?

Captain Poon: Ich glaube, sie freuen sich für mich. Diese Art von Shows bringen eine Menge Geld. Das war aber nicht der Beweggrund. Bands wie die Hellacopters, Gluecifer oder auch Turbonegro haben ein Eigenleben. Die Band ist größer als ich, oder Biff es sind. Mit ihr haben wir etwas geschaffen, das vielen Leuten etwas bedeutet. Es macht Spaß, das wieder auf die Bühne bringen zu können und zu sehen, was passiert.

Welcher Text der letzten Bloodlights-Platte beschreibt die Bandphilosophie am Besten?

Captain Poon: In »Kick it up« geht es darum nicht aufzugeben, mit einem Lachen im Gesicht das zu tun, was man tun möchte und dabei ordentlich die Lautstärke aufzudrehen. In einzelnen Songs kommt es zwar unterschiedlich zur Geltung, aber das ist ein Hauptmotiv meiner Texte. Nicht aufzugeben, wenn man an etwas glaubst und es einem Spaß macht – egal was passiert.

Wie stehst du dazu, dass Rock‘n‘Roll im Gegensatz zu Jazz oder Klassik nach wie vor eher als Subkultur wahrgenommen wird?

Captain Poon: Das ist das Gute am Rock‘n‘Roll. Wird er zu Mainstream, wird es zu populär. Natürlich ist es großartig in der Menge bei einem AC/DC-Konzert zu stehen und zusammen ‘Highway to Hell‘ zu singen. Gleichzeitig ist es aber so, dass wenn die Musik und die damit einhergehende Kultur zu populär werden, das gefährliche Element daran verschwindet und alles anfängt gleich zu klingen. Dann wird es langweilig. Es muss also eine Art Subkultur sein, um am Leben zu bleiben.

Was ist demnach die Kernphilosophie des Rock‘n‘Roll?

Captain Poon: Don‘t go with the flow.

Wie kommt es, das die Deutschlandtour in Dresden startet?

Captain Poon: Unsere Booking-Agentur meinte, Dresden sei ein cooler Ort, um anzufangen. Das haben wir akzeptiert. Außerdem kann ich mich nicht daran erinnern, wann wir das letzte Mal in der Stadt waren.
Vielen Dank für das Gespräch!

Bloodlights spielen am 24. Januar mit Poison Heart (PL) als Support im Ostpol. Mehr zur Band unter: www.bloodlights.com/

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