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»Es ist wirklich ein Neubeginn« – Kathi Loch (Foto: Oliver Killig) über ihre Pläne für das Museum für Sächsische Volkskunst und die Puppentheatersammlung
Kathi Loch (Foto: Oliver Killig) über ihre Pläne für das Museum für Sächsische Volkskunst und die Puppentheatersammlung
■ Seit Anfang Januar ist Kathi Loch die neue Direktorin des Museums für Sächsische Volkskunst und der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Die promovierte Theaterwissenschaftlerin war seit 2010 Dramaturgin und später Chefdramaturgin am tjg, bevor sie 2019 zu den Staatlichen Kunstsammlungen wechselte, um dort als Projektleiterin den Neustart der Puppentheatersammlung zu betreuen. DRESDNER-Autorin Annett Groh sprach mit ihr über ihre Pläne für beide Häuser.

Marion Ackermann, die Generaldirektorin der SKD, sprach davon, dass Sie sich mit Ihrer Bewerbung durchgesetzt haben, weil Ihre »Konzeptionen für die beiden Museen absolut lebendige Häuser garantieren«. Wie wird das aussehen?

Kathi Loch: Es ist schon eine Besonderheit, dass ich für zwei Orte zuständig bin. Mit der Puppentheatersammlung stehen wir vor einem kompletten Neustart und werden damit voraussichtlich Ende 2023 ins Kraftwerk Mitte ziehen. Die Sammlung war ja bis 2004 in Radebeul im Hohenhaus und seither fast von der Bildfläche verschwunden und immer nur mit kleinen Sonderausstellungen präsent. Es ist wirklich ein Neubeginn, und wir fragen uns, was für ein Ort dieses Museum sein soll. Die Grundentscheidung ist also, dass wir unsere Objekte lebendig präsentieren, aber das heißt nicht, dass wir sie wieder bespielen müssen. Als Museum sind wir kein Theater, und mit dem tjg haben wir ein Puppentheater direkt gegenüber. Wir werden eine lebendige, spannende Ausstellungserfahrung bauen und zweigleisig fahren: Wir planen einen Bereich, in dem man viel über Puppentheater und unsere Sammlung erfahren kann. Es soll einen doppelten Blick hinter die Kulissen geben: zum einen hinter die Kulissen des Puppentheaters, zum anderen hinter die Kulissen unserer Sammlung. In dem anderen Bereich werden wir jedes Jahr eine neue Jahresausstellung präsentieren und dazu auch Künstler und Kuratorenteams »von außen« einladen, die immer auch einen neuen Blick mitbringen.

Da Sie vom Theater kommen, ist anzunehmen, dass das Profil der Puppentheatersammlung geschärft wird ... ?

Kathi Loch: Die Sammlung ist sehr groß und zeichnet sich dadurch aus, dass sie in bestimmten Bereichen extrem in die Tiefe geht. Sie ist sehr lokal geprägt vom traditionellen sächsischen Marionettentheater. Sachsen war ja eine Hochburg dieser Theaterform. Eine weitere spezifische Gestalt ist das theatrum mundi, eine mechanische Theaterform, die im Prinzip seit den 50er Jahren »ausgestorben« ist und von der wir die weltgrößte Sammlung haben. Natürlich haben wir auch internationales Puppentheater; zum Beispiel haben wir vor kurzem ein Set vietnamesischer Wassermarionetten angekauft, die in Europa extrem selten sind. Aber grundsätzlich gibt es andere Sammlungen wie zum Beispiel in Lübeck, die viel internationaler aufgestellt sind. Die Frage ist ja, wie eine Sammlung historisch gewachsen ist und wie sie überhaupt wachsen konnte.

Und wohin geht es mit der Volkskunst?

Kathi Loch: Der Begriff der Volkskunst ist dabei vielleicht gar nicht so zentral. Es ist ein historischer Begriff, der auch bei Oskar Seyffert schon nicht ganz eindeutig definierbar war, und mit jeder neuen Generation können wir wieder fragen, was mit »Volkskunst« überhaupt gemeint ist. Wer fühlt sich diesem Begriff zugehörig? Vielleicht müssen wir unseren Blick da auch ein bisschen weiten. Aber das ist nur die eine Seite unseres Denkens. Die andere wichtige Frage ist, wie wir mit den Objekten, die wir bereits im Haus haben, den Bezug zu unserer Gegenwart herstellen können. Wir haben so viele Objekte, die uns etwas über Alltagskultur von früher erzählen, und ich glaube, das ist alles auch anschlussfähig für die Gegenwart, gerade was Handwerkstechniken wie Drechseln oder Handarbeitstechniken wie Stricken, Sticken, Nähen angeht. Diese Dinge werden neu entdeckt, neu interpretiert.

Wo sehen Sie die Schnittstelle zwischen Puppentheater und Volkskunst?

Kathi Loch: Es ist eher eine historisch gewachsene Struktur, dass beide Häuser zusammen unter einem Direktorat stehen. Der Museumsgründer Oskar Seyffert hatte auch Theaterpuppen gesammelt, die mittlerweile zur Puppentheatersammlung gehören. Aber es sind zwei unterschiedliche Häuser, zwei unterschiedliche Sammlungen, und mit der neuen Stätte im Kraftwerk Mitte werden es auch zwei ganz unterschiedliche Hauskonzeptionen. Das, was beide gemeinsam haben, ist eher etwas Ideelles: Beides sind absolut zugängliche Sammlungen, ohne Barrieren. Man braucht keinen großen Bezug zur Kunstgeschichte oder großes Vorwissen. Aber inhaltlich sind es zwei getrennte Bausteine.

Für mich sah es immer so aus, als sei die Puppentheatersammlung der Volkskunst »untergeordnet«, also ein Teilgebiet davon ...?

Kathi Loch: Das war auch lange so, auch sprachlich war die Puppentheatersammlung ein Anhängsel: Museum für Sächsische Volkskunst mit Puppentheatersammlung. Aber, ich bin dezidiert damit angetreten, für beide Sammlungen zuständig zu sein und beiden auch ein gleiches Gewicht zu geben. Spätestens, wenn die Puppentheatersammlung im Kraftwerk eröffnet, wird das auch nach außen gleichwertig sein, und die Puppentheatersammlung wird nicht mehr als Anhängsel erscheinen. Es wird der Puppentheatersammlung auch gar nicht gerecht, sie als Anhängsel zu betrachten, denn es ist immerhin die zweitgrößte Sammlung ihrer Art in der Welt.

Was sind die Highlights für die kommende Saison?

Kathi Loch: Vom Timing her ist es ungünstig, aber wir sind froh, die Abschlussausstellung von meinem Vorgänger Igor Jenzen jetzt noch zeigen zu können. Diese Schau widmet sich den erzgebirgischen Leuchtern und war eigentlich für Weihnachten geplant, wir werden sie aber voraussichtlich über das gesamte Jahr hin zeigen. Was als nächstes ansteht, ist natürlich die Osterausstellung. Weihnachten und Ostern im Jägerhof sind unverrückbare Konstanten.
Vielen Dank für das Gespräch!

Am 11. Februar 2022 öffnet das Museum für Sächsische Volkskunst im Jägerhof wieder für Besucherinnen und Besucher; mehr dazu unter: http://volkskunst.skd.museum

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