DRESDNER Interviews / O-ton!
Es geht darum, nicht verrückt zu werden – Wanda im Interview
Wanda im Interview
■ Hört man »Amore«, denkt man an Wanda. Authentisch, verschwitzt, und rauschig balancieren die sympathischen Österreicher gekonnt zwischen großen Bühnen und Wiener Gassen. Mit DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl sprach Sänger Marco Michael Wanda über Alkohol, Erfolg, Narzissmus und das Handwerk am Leben zu sein.

Die Literatur kennt den Begriff »Großstadtlyrik«. Sind eure Texte demnach »Wiener Lyrik«?

Marco Michael Wanda: Zu einem gewissen Teil war das so. Auf der neuen Platte finden sich viel weniger urbane Codes. Das ganze geht mehr in Richtung Erkenntnisverarbeitung. Der Schauplatz des Beisls hat sich gewandelt. Das ist jetzt ein viel seelischer, ein innerer Schauplatz. Ein Prozess – ich bin ja nicht nur in Wien aufgewachsen. Meine Eltern hatten noch ein Haus auf dem Land und ich bin zwischen Bologna, dem Waldviertel und Wien groß geworden. Ein Wiener Poet hat sich gut verkauft, aber ich habe keine Lust mehr.

Bringt das nächste Album also große Veränderungen?

Marco Michael Wanda: Vielleicht irrst du dich da. Es ist schwierig, in einem Prozess so etwas selber zu verstehen. Sagen wir so: wir haben ein gutes Gefühl, glauben, das wird eine ganz tolle Platte, haben nicht so viel an Erwartungshaltungen gedacht und schauen mal, was damit geschieht.

In euren Songs geht es auch um Wein, Schnaps und Opium. Wie steht es um die Vorbildfunktion?

Marco Michael Wanda: Gar nicht. Ich glaube, ich habe keine Vorbildfunktion, beziehungsweise darf ein Vorbild sich ruhig auch in extremen Lebensweisen versucht haben. Sonst hätte dieses Vorbild ja gar keine Legitimierung. Extrem Leben bringt sicher gewisse Einsichten.

AnnenMayKantereit beschweren sich indes über die Themen eurer Songs?

Marco Michael Wanda: Ich bin zehn Jahre älter. Das heißt, es berührt mich jetzt nicht unbedingt.

Trinkt ihr selbst viel, wann trinkt ihr am meisten und was ist das Schönste am Trinken?

Trinken wir viel? Ja. Trinken wir zu viel? Nein. Das schönste an unserem Konsum ist, dass er ein gesundes Maß hat. Wir saufen uns nicht blöd.

Habt ihr im Falle eines Katers oder Tour-Blues eine spezielle Methode zur Linderung?

Marco Michael Wanda: Ich trinke eher wenn ich unzufrieden bin. Das heißt, auf Tour trinke ich eher weniger als in meinem Privatleben.

Du kannst in Wien noch trinken gehen?

Marco Michael Wanda: Es ist schwieriger geworden und ist nicht mehr ganz so einfach wie früher. Aber ich habe eine neue Strategie: wenn mich jemand erkennt, dann saufe ich den unter den Tisch.

Alles in allem der Tanz um eine lodernde Flamme, oder ist Wanda in deiner Vorstellung unendlich?

Marco Michael Wanda: In meiner Vorstellung ist es unendlich. Und ja, der Erfolg ist ein großes Thema. Schwierig. Da machst mich sprachlos. Wirklich. Ich habe so viel erlebt und viel darüber gelernt, was ich nicht will und ich werde danach handeln. Zu früh, weil bei uns ging es schnell. Sehr schnell. Wir haben das Glück gehabt, dass wir nicht jung waren, als es begonnen hat.

Hat dich der Erfolg überrascht?

Marco Michael Wanda: Nein. Eigentlich nicht. Wir wussten, dass das gut ist und funktionieren wird. Wir haben sehr viel dafür getan, dass es funktioniert, haben uns erniedrigt drei Jahre lang. In jeder Hinsicht wurden wir vergewaltigt und haben das mit uns machen lassen. Dann sieht man die Gesichter im Publikum und sieht, dass es die aushebt und dass sie was fühlen dabei. Das ist es dann wert – und das Geld.

Muss man als guter Frontmann Narzisst sein, oder ist das völliger Quatsch?

Marco Michael Wanda: Das gibt es auch. Ich glaube, dass es Musikerfiguren gibt, die von ihrem Narzissmus leben. Ich versuche meinen eher zu bekämpfen. Das ist so mein Spannungsfeld. Aber es gibt ja auch weit erfolgreichere Musiker als mich. Vielleicht wäre meine Lebensgeschichte anders verlaufen, wenn ich eine Persönlichkeitsstörung hätte. Kann sein, dass ich dann viel erfolgreicher wäre.

Prallen die Bezeichnung Schlager oder Sexismusvorwürfe an dir ab, oder beschäftigst du dich damit?

Marco Michael Wanda: Verschiedene angriffige Haltungen haben mir eine zeitlang weh getan. Aber ich bin grad in so einer wunderschönen Lebensphase, wo mir alles egal ist. Vor einem Jahr hätte ich dir da sicher ganz anders geantwortet. Mittlerweile ist mir das egal.

Eure Musik bringt getrennte Paare wieder zusammen und beschert der Fleischerei Ceccarelli in Bologna ein Umsatzplus. Die Macht guter Kunst?

Marco Michael Wanda: Das weiß ich nicht. Gute Kunst gibt es gar nicht. Kunst bewegt sich auf verschiedenen Ebenen. Kunst kann zusammenführen, aber auch auseinanderdividieren. Bestätigen, oder in Frage stellen. Kunst kann auch chaotisch sein. Kunst ist ein gewaltiger, in sich aufgeblasener Widerspruch.

Meinst du mit »es gibt keine gute Kunst«, es gibt keine schlechte Kunst?

Marco Michael Wanda: Das hast du gesagt. Das kann man so stehen lassen.

Ab welchem Punkt deines Lebens war dir klar, dass du das machen möchtest, was du heute machen kannst?

Marco Michael Wanda: Ich glaube nicht, dass ich das, was ich mache, wirklich kann. Ich habe immer schon eher versucht, das zu lernen, was ich jetzt tue und werde weiterhin versuchen, das zu lernen.

Klingt, als ob du es als eine Art Handwerk begreifst?

Marco Michael Wanda: Ja natürlich. Das ist schon eine Art Handwerk. Die Ordnung der Persönlichkeit ist ein Handwerk. Und den Verstand nicht zu verlieren in Anbetracht tragischster politischer wie persönlicher Umstände. Voll. Es geht darum, nicht verrückt zu werden. Das sehe ich schon als Handwerk. Am Leben zu sein ist das Handwerk.

Bei Konzerten schmeichelst du oft dem Publikum. Du sagst ihm wie schön es ist. Ein Weg das Gleiche zurückzubekommen?

Marco Michael Wanda: Na, ich bin ja nicht schön, insofern brauch ich nicht, dass mir das jemand sagt. Aber ich glaube, dass die viel zu selten hören, dass sie schön sind. Der Kapitalismus an sich treibt uns immer in die Rolle des Bittstellers. So funktioniert ja eine Firma. Du bist immer klein, musst immer bitten und bist nichts wert. Das ist meine Art dieses Spiel auszugleichen.

Worauf kann und soll sich das Dresdner Publikum freuen?

Marco Michael Wanda: Auf sich selbst. Es darf sich selbst feiern und wir machen mit.
Besten Dank für das Gespräch!

Wanda spielen am 14. März im Alten Schlachthof; das Konzert ist bereits ausverkauft. Support: Ansa Sauermann & Band. Mehr zu Wanda und zur Tour: www.wandamusik.com

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