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Erfolg kann sehr unterschiedlich definiert sein – Im Gespräch zur Neuausgabe des »MusicMatch«
Im Gespräch zur Neuausgabe des »MusicMatch«
■ Die dritte Ausgabe des mit einer Konferenz und Shows zweigleisig fahrenden sächsischen Pop-Festivals »MusicMatch« wartet mit einigen Neuerungen auf. Eröffnet wird es mit der erstmaligen Preisverleihung des »MusicMatch«-Awards, der in vier Kategorien vergeben wird. Und nach dem samstäglichen Konferenzprogramm mit neun Podiumsveranstaltungen, finden die Abendshows diesmal in gleich fünf Clubs und Bars der Neustadt statt. Im Festival-Line-Up fallen Namen wie Victor Rice, Morlokk Dilemma, Wine & Grine, CousCous, Bergen, Martin Seidel, Rany und The Gentle Lurch auf, was auf eine große stilistische Bandbreite schließen lässt. Ben Zschorn, der in Dresden Rechtswissenschaften mit den Schwerpunkten Urheber- und Medienrecht studiert hat, ist als Projektleiter der MusicMatch für die Scheune mit im Organisations-Team. Mit ihm hat sich DRESDNER-Autor René Seim über die Neuausrichtung des MusicMatch unterhalten.

Wenn eine junge Band von eurem Festival und der Konferenz hört, was sind dann deine Argumente, dass sie sich brennend dafür interessieren sollte?

Ben Zschorn: Du triffst spannende Menschen aus der Musikbranche. Du lernst, wie man professionell arbeitet. Du kannst dich durch viel gut gemachte Musik inspirieren lassen. Der Fokus junger Musiker liegt natürlich auf dem Musikmachen selbst. Das ist gut und wichtig. Und trotzdem braucht man, um erfolgreich zu arbeiten, viel zusätzliches Wissen, das man nicht in der Musikschule lernt. Auch helfen die richtigen Kontakte weiter, zum Beispiel zu Veranstaltern, die einen auch mal weiterempfehlen, weil ihnen die Musik gefällt. Die MusicMatch-Konferenz kann beides bieten. Und ein Festival mit sehr viel gut gemachter Musik kann jede Band genießen und zur Inspiration nutzen.

In der Ankündigung heißt es sinngemäß, dass ihr den Bands das Rüstzeug für den Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär mitgeben wollt. Hand aufs Herz, wie realistisch ist es heutzutage für eine Band, von der Musik leben zu können?

Ben Zschorn: Das zu erreichen ist tatsächlich schwierig. Aber genau deshalb wollen wir uns der Frage stellen: Was ist nötig um mit Musik erfolgreich zu sein? Dabei kann Erfolg auch sehr unterschiedlich definiert sein. Manche Musiker haben das Ziel, ihren Lebensunterhalt mit Musik zu erwirtschaften. Andere wollen gern einmal im Jahr eine Deutschlandtour machen, ohne draufzuzahlen. Wieder jemand anderes möchte so viele Platten verkaufen, dass die Produktionskosten und eine neue Gitarre drin sind. Bei der Konferenz geht es nicht nur darum, weiterzubilden. Wir wollen auch wissen, was brauchen wir konkret in Sachsen, damit junge Musiker auf dem Weg zum Erfolg nicht nach Berlin oder Hamburg ziehen müssen.

Wie ist die bisherige Erfahrung bei den Austauschtreffen der Musiker untereinander? Wird da harmonisch gemeinsam nach Wegen für die Zukunft gesucht und sich offen ausgetauscht, oder ist es doch eher ein vorsichtiges, verklemmtes Abtasten? Man darf ja nicht vergessen, dass gerade in der Kunst nicht nur kollegiale Höflichkeit, sondern auch ein hoher Konkurrenz- und Erfolgsdruck herrscht ...?

Ben Zschorn: Bei den meisten Musikern besteht eine sehr große Bereitschaft, miteinander zu arbeiten. Viele wissen, dass gemeinsam mehr zu erreichen ist und man auch selbst besser vorankommt. Und es treffen sich zu MusicMatch nicht nur Musiker. Es sind auch viele spannende Menschen, die in der Musikbranche arbeiten, vor Ort. Also zum Beispiel Betreiber von Labels, Clubs, Verlagen oder Festivalveranstalter. Diese nutzen eine solche Konferenz auch, um mit Bands ins Gespräch zu kommen.

Am Eröffnungstag wird in der Scheune erstmals der »MusicMatch«-Award in den Kategorien Industry (Labels, Verlage, Booking, Vertrieb), Spaces (Clubs, Festivals), Creation (Produktion, Text, Komposition) und natürlich On Stage vergeben. Kannst du schon berichten, wie das Nominieren angenommen wurde?

Ben Zschorn: Es gab ein offenes Nominierungsverfahren, bei dem wirklich jede(r) das Lieblingsfestival oder die Bandentdeckung des letzten Jahres nominieren konnte. Einzige Einschränkung: Wer nominiert wird muss aus Sachsen kommen. Der Award findet ja zum ersten Mal statt und ist deshalb in der Musikszene auch noch nicht so bekannt. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass mit über 150 Nominierungen eine große Auswahl potentieller Sieger zusammengekommen ist.

Rund um das Festival sind Branchenkenner und Szenegrößen angekündigt. Inwieweit bekommt ihr Unterstützung von der sächsischen Politik?

Ben Zschorn: Eine vielfältige Kulturlandschaft ist immens wichtig für eine lebenswerte Gesellschaft. Dass dazu auch Rock, Pop und elektronische Musik gehören, genau wie die Clubs, in denen diese gespielt wird, das versuchen wir der Politik näherzubringen. Dazu bot die »MusicMatch« in den vergangenen Jahren auch einen Rahmen. Zum Glück traf das nicht nur auf taube Ohren. Eine zentrale Stelle, die die Bedürfnisse der sehr heterogenen Musikszene gegenüber der Politik vertritt, wäre hilfreich. Es ist schon traurig, wenn ein Club dichtmachen muss, der immer wieder auch Newcomern eine Bühne geboten hat. Oder wenn sich eine Band auflöst, weil sie einfach keinen bezahlbaren Proberaum findet.
Vielen Dank für das Gespräch!

»MusicMatch« Awardverleihung am 27. April, 20 Uhr in der Scheune, Konferenz am 28. April ab 10 Uhr in der Scheune, abends Konzerte in der Scheune, im Ostpol, Blue Note, Evergreen und Tanteleuk; am 29. April um 10 Uhr Branchenbrunch in der Scheune; genaues Line-Up, Anmeldung & Tickets unter www.music-match.biz/

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