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Die Welt als Idylle in der Vorstellung – Im Gespräch mit Dirk Hessel zu »Schopenhauer in Dresden«
Im Gespräch mit Dirk Hessel zu »Schopenhauer in Dresden«
■ Zum Jubiläum des vor 200 Jahren in Dresden entstandenen Hauptwerkes »Die Welt als Wille und Vorstellung« des Philosophen Arthur Schopenhauer, findet vom 7. bis 23. Juni im Palais im Großen Garten die veranstaltungsgesäumte Ausstellung »Schopenhauer in Dresden und die Kunst des Philospohierens« statt. Der Weg, eine solche Ausstellung in Dresden zu platzieren, war kein leichter, so unterhielt sich DRESDNER Autor René Seim mit dem Veranstalter, studierten Musiker und freischaffenden Künstler Dirk Hessel über die Hintergründe.

Wodurch kamen Sie mit Arthur Schopenhauer in Berührung?

Dirk Hessel: Durch meine Theatertätigkeiten hatte ich immer sehr intensives Interesse an der Philosophie ganz allgemein. Vor 15 Jahen las ich eine Biografie von Rüdiger Safranski eben über Arthur Schopenhauer, und merkte, wie stark mich das alles anspricht. Daraufhin besorgte ich mir »Die Welt als Wille und Vorstellung«. Trotz der langen Sätze, merkte ich, wie gut mir sein Denken lag.

Wo hat Schopenhauer in Dresden gelebt und gearbeitet, wo ging er spazieren?

Dirk Hessel: Jochen Stollenberg, ein ganz ausgezeichneter Schopenhauer-Kenner aus Frankfurt am Main, hat dazu genauestens recherchiert, einiges wird auch dazu in der Ausstellung zu sehen sein. Schopenhauer hat zunächst an der Frauenkirche gewohnt, dann zog er in eine Wohnung gegenüber dem Japanischen Palais. Man weiß von täglichen Spaziergängen und das er auch wirklich raus in die umliegende Natur aufbrach, um in mehrtägigen Spaziergängen die Sächsische Schweiz, aber auch das Erzgebirte zu erkunden. Er war aber auch viel in der der Königlichen Bibliothek im Japanischen Palais. Aus der Zeit gibt sogar noch seine Ausleihelisten, in der die 180 ausgeliehen Bücher eingetragen sind. Geeschrieben hat er zu Hause, denn er hatte kein Büro. Er ging aber auch häufig ins Theater und traf sich mit der Dichterwelt im Café Chiappone am Schloss. Man kann sagen, es ging ihm gut. Er war da 27 Jahre.

Von Tanz, Vortrag, performative Philospophie bis zu Theater und natürlich Musik gibt es in den knapp zwei Wochen ein breites Angebot. Seit wann arbeiten Sie an dem Projekt?

Dirk Hessel: Ich habe selbst erst vor drei, vielleicht vier Jahren entdeckt, dass das Buch in Dresden entstand, und dann kam ich darauf, dass ja bald 200 Jahre als brauchbares Jubiläum anstanden – und von keiner Seite etwas geplant war. Also trat ich vor anderthalb Jahren an verschieden Museen und öffentliche Einrichtungen heran, um Interesse dafür zu wecken. Doch ich wurde stets freundlich abgewiesen. Es blieb ein schwerfälliges Suchen, bis ich mit dem Schlösserland Sachsen Bekanntschaft machte, und nun alles einen positiven Weg und schlussendlich in das schöne Palais im Großen Garten fand.

Ein Programmpunkt fiel mir als besonders interessant auf. Was passiert am 8. Juni beim assoziativen Theater Leben in der Blauen Stunde?

Dirk Hessel: Ich bin sehr froh, dass der Sprachakrobat Wolfgang Krause Zwieback kommt und dieses Programm in Begleitung von Gundolf Nandico (Musik) abhält. Mit seiner sinnlich-surrealen Wortzauberei öffnet er ständig neue ungewöhnliche Denkräume. Das Publikum wird verführt werden, in andere, vielleicht ungewollte Richtungen zu denken. Das ist alles sehr erfrischend und trotzdem nicht neu. Auch Schopenhauer untersuchte bereits die Begriffssphären und wie man sie manipulieren und missverstehen kann. Es wird spannend!

Unsichere Zeiten gelten als gute Zeiten für die Philosophie. Kann uns Schopenhauer heute helfen?

Dirk Hessel: Schopenhauer hat es heute seltsamer Weise nicht leicht. An den Hochschulen wird er kaum noch gelehrt und ist somit vielen unbekannt. Für mich ist sein Denken aber existentiell. Weil er eben nicht fragt, ist etwas richtig oder falsch, sondern er stellt unser Wollen als solches in Frage. Er ruft in seinem philosophischen Denken dazu auf, zu überlegen, ob ich das denn alles wollen muss, was sich mir als Möglichkeit anbietet. Wir sehen hier schon den frühen und ersten europäischen Übergang zum Buddhismus. Als erster eropäischer Denker war er nachgewiesener Weise vom indischen Denken beeinflusst – und das war damals hier in keiner Weise beliebt. Doch vom ganzen Wollen mal abzulassen, gerade in der heute heißgelaufenen Zeit, da sollte man doch endlich mal hinwollen (lacht).
Vielen Dank für das Gespräch!

7. bis 23. Juni: »Schopenhauer in Dresden«, Ausstellung im Palais im Großen Garten, geöffnet Do/Fr 14 – 19.30 Uhr, Sa/So 11 – 19.30 Uhr; die Filminstallation beginnt zu jeder neuen Stunde; Beginn der Abendveranstaltungen Fr/Sa jeweils 20 Uhr; Programm siehe timer oder www.schopenhauer-in-dresden.de

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