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DRESDNER kreativ – Im Portrait: Andreas Schanzenbach/ Cromatics
Im Portrait: Andreas Schanzenbach/ Cromatics
■ Cromatics ist eine Dresdner Erfolgsgeschichte. Die Kreativagentur brachte »Secret Wars« und den »Paint Club« nach Dresden und Deutschland und ist inzwischen auch in Berlin präsent. Andreas »Schanzboy« Schanzenbach ist Mitbegründer und berät als Kreativkopf die internationale Street-Art-Ausstellung »Magic City«. Cromatics ist auch bei Creative Meet Ups und der Neuentwicklung von Motion Murals ganz vorne mit dabei. DRESDNER-Redakteur Heinz K. hat bei Andreas Schanzenbach über die persönliche Motivation, das Erfolgsgeheimnis und die Arbeitsweise nachgefragt.

Du bist 1999 zunächst mit dem Graffiti-Magazin Cromatics auf den Plan getreten und seit 2000 dann mit der Kreativagentur Cromatics in Dresden am Start. Was gab den Ausschlag zur Gründung, was treibt dich an?

Andreas Schanzenbach: Entgegen unserer heutigen Start-Up Euphorie, war es 2000 eine rein steuerliche Notwendigkeit. Nach dem das erste Magazin erfolgreich verkauft war, wollten wir weiter machen und auf einmal brauchten alle eine Rechnung für ihre Anzeigen und die verkauften Hefte. Also gründeten wir die Cromatics GbR, da wir ja unser Projekt fortsetzen wollten. Bald erkannten wir, dass so ein Unternehmen eine vorzügliche Spielwiese für diverse Projektvisionen sein kann, so entstand recht schnell ein Konstrukt in dem wir unsere Vorstellung von Kunst, Musik und Subkultur in die Realität umsetzen konnten. 2008 kam dann der Entschluss, dass Ron, Alex und ich den vorhandenen Spielplatz als Basis für ein Unternehmen der Kreativwirtschaft nutzen wollen. Zu Beginn hatten wir das Ziel damit uns eine Lebensgrundlage zu schaffen und die eingefahrenen Agenturstrukturen wachzurütteln, unsere damalige Mission lautete: Kultur und Marken zusammenzubringen und damit der Community eine professionellere Platform für ihre Leidenschaft und Selbstentfaltung zu geben.

Du hast mit Cromatics »Secret Wars« und den »Paint Club« hierher gebracht, du berätst die einzigartige Street-Art-Ausstellung Magic City und moderierst Magic City TV und du bist mit Cromatics auch bei der Neuentwicklung von Motion Murals wie etwa für »Star Wars – Rogue One« ganz vorne mit dabei. Wie wichtig ist es für dich, Trendsetter zu sein?

Andreas Schanzenbach: Das Trendsetter-Thema ist bei mir sehr früh eine Überlebensformel geworden. Während der Grundschule habe ich einiges an häuslicher Gewalt überlebt. Nach dem Wechsel zum Gymnasium wurde ich gemobbt – mein Ausweg war der Trendsetter zu werden. Ich empfand schnell gefallen daran nicht äußerlich cool zu sein, sondern mit den Trend setzenden Inhalten zu punkten und selbige auch aktiv als Macher umzusetzen. In der Zeit begann ich, Zukunft in meinen Gedanken zu visualisieren und sie dann in der Realität zum Leben zu erwecken. Dabei entwickelte sich rasch ein großes Interesse an allem Neuen. Egal ob Kunst, Musik, Architektur, Design, Technologie: ich begann alles aufzusaugen wie ein Schwamm. Inzwischen sehe ich da auch eine Parallele zu meiner Fotografie-Passion, auch da sucht man ja immer nach einem neuen Blickwinkel, Moment und Bildausschnitt. Heute gehört Innovation zu einem meiner Mantras. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns permanent weiterentwickeln müssen, dass wir immer lernen werden, dass wir uns permanent hinterfragen und immer offen sein müssen für notwendige Veränderungen.

Mit der Homebase Dresden, dem Standort Berlin und einem relativ kleinen Team stemmst du mit Cromatics erstaunlich viele Projekte mit teils international tätigen Kunden wie Converse, Levi's oder adidas, ohne eine klassische Full Service Agentur zu sein. Wie funtioniert das? Wie funktioniert eure Arbeitsweise?

Andreas Schanzenbach: Sehr gut beobachtet. Heute ist dieses »Rezept« der projektbasierten Netzwerkagentur ja tatsächlich eines der propagierten »Agentur der Zukunft«-Modelle. Als wir damit 2008 angefangen haben, war es für uns ein ganz logischer Schritt aus unserer Historie in die Zukunft. Die Basis bildete dabei unser Glaube an Co-Kreation und das wir vor allem am Anfang viel ausprobieren wollten. Wir wollten eben keine 360°-Full-Service-Agentur sein, die ihre Lead-Kunden von A – Z das ganze Jahr bedient. Stattdessen waren wir auf der Suche nach Unternehmen, die unsere Idee der Relationship Playgrounds zum Brand Community Aufbau verstanden und bereit waren mit uns Pionierarbeit zu leisten, und somit neue innovative Konzepte auszuprobieren. Runtergebrochen im Alltag sieht das so aus: entweder wir haben eine Projektvision und halten Ausschau nach potentiellen Partnern für die unsere Idee ins Konzept passt, oder ein potentieller Partner kommt direkt auf uns zu und gibt uns eine Problemstellung. In unserem nutzerzentrierten Prozess erarbeiten wir dann mit unserem interdisziplinären Team passende Lösungsansätze, bei denen wir unsere tagesaktuelle Trend- und Talentdatenbank nutzen. So entstehen bereits erste Verlinkungen zu Künstlern, Erfindern, Architekten und anderen Kreativen die wir von Anfang an in den Prozess mit einbinden. Dabei entsteht dann also eine gemeinsame Projektvision, die wir dann dem Kunden präsentieren. Nach Beauftragung arbeiten wir dann genau mit diesen Partnern gemeinsam an der Umsetzung und Realisierung der Projektvision. Inzwischen leben wir die Co-Kreation auch immer stärker mit unserem Kunden zusammen, dass heißt die Projektbeteiligten werden Teil unseres Teams und wir werden Teil ihres Teams. Ganz aktuell führen wir gerade einen Co-Kreativen Prozess mit der Bundesgeschäftsstelle des Naturschutzbundes (NABU) in Berlin.

Wieso hältst du eigentlich noch Dresden die Treue, wo doch so viele Kreative nach Leipzig oder Berlin abwandern? Oder anders gefragt: Wie wichtig ist dir Heimat und Homebase?

Andreas Schanzenbach: Zum einen lernt man die Heimat erst schätzen, wenn man einmal für längere Zeit weg war. Selbiges habe ich mit zwei Jahren London und einem Jahr Sydney getan und danach entschieden, dass mein erster Lebensort meine Heimatstadt sein soll. Das habe ich getan, obwohl natürlich klar ist, dass man es in Großstädten wesentlich einfacher hat und das Dresden leider viel zu oft in die Vergangenheit schaut und dort auch den Großteil seines Geldes ausgibt. Aber genau deswegen braucht es ja auch das Gegengewicht zu all dem Altbackenen, zur Barockmafia, zu dieser Engstirnigkeit und all der Kleingeistigkeit, die diese Stadt künstlich klein hält wie in einem Würgegriff. Auf Reisen wird man ja oft als erstes gefragt, woher kommst du, meine Antworte lautete bis 2014: »Dresden – eine Stadt von der Du sicher noch nie gehört hast – aber sie ist eine der meistunterschätzen Städte in Europa.« Heute läuft es anders: » … ach Du bist aus Dresden – Kunstpause – was hältst Du eigentlich …?« Was ich entsprechend wichtig finde ist, dass jeder, der in dieser Stadt wohnt, seinen ganz persönlichen Beitrag leistet, um diese Stadt lebenswert zu erhalten. Das haben wir ja selbst schon seit der Schulzeit so gemacht, denn dass hat sich leider kaum verändert, machen wir es nicht, dann macht es auch kein anderer. Oder wie Andy Warhol mal gesagt hat: »Man sagt immer, dass die Zeiten die Dinge ändern, aber in Wirklichkeit muss man sie selbst ändern!« Wir bei CROMATICS bringen deswegen seit 2015 neue internationale Konferenzformate nach Dresden, bei denen wir Weltoffenheit, Diversität, Innovation und Fortschritt bewerben und leben. »Vorwärts immer – Rückwärts nimmer!«
Besten Dank!

Mehr unter: www.cromatics.de

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