DRESDNER Interviews / O-ton!
Bleibt neugierig! – Romano im Interview
Romano im Interview
■ Vor zwei Jahren war er der bunte Hund mit Zöpfen. Schillernd anders und straight outta Köpenick. Ob Romano bleiben wird, war da noch ungewiss. Geschenkt. Der Mann bleibt im Ohr, auf der Bühne, auf einen Sekt an der Champagner Bar. Romano liefert mit seinem neuen Album »Copyshop« den Beweis, dass sich Ränderromantik und Event nicht ausschließen, Gesellschaftskritik gar die Liebe zum Freak inne wohnen kann. DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl traf den Meister auf einen Schnack am Nachmittag.

Was war wichtiger für deine musikalische Sozialisation: RIAS hören mit Mutti, oder Public Enemy nach der Wende?

Romano: Eins baut auf das andere auf. Ich glaube, dass RIAS maßgeblich zur Popenergie und die spätere Schlager-Entwicklung beigetragen hat – auch im Hinblick auf die 80er-Jahre-Attitüde. Da gab es großartige Songs von Janet Jackson, George Michael, Kate Bush und Depeche Mode. Das war breit gesteckt und im Ostradio ein bisschen langweiliger. Als ich Anfang der 90er dann zum ersten Mal Public Enemy gehört habe, dachte ich: »Wow, was ist denn da los?« So ging es mir auch mit Techno und dem ersten Wahrnehmen von Metal. Jedes hat seinen kleinen Farbklecks dazu beigetragen, dass Romano ist wie Romano ist.

1999 warst du dann Teil der Band Maladment, 2009 kam das schlagerlastige »Blumen für Dich« und 2015 erschien »Jenseits von Köpenick«. Die Szenepolizei bezeichnet so etwas als brüchige Biografie ...?

Romano: Den Begriff »Szenewanderer« finde ich gar nicht so schlecht. Das größte Unverständnis erntete ich für diese Schlagergeschichte. Die habe ich gemacht, weil ich totalen Bock darauf hatte. Dann gab es die Drum‘n‘Bass-Zeit und alles Mögliche. Ich kann nicht still auf einer Stelle sitzen. Das Leben bewegt sich weiter. Ich habe Lust darauf überrascht zu werden. Wir Menschen müssen offen bleiben. Das ist nicht immer einfach, aber nur so wird man erwachsen und älter und bewahrt sich trotzdem die Offenheit eines Kindes, bleibt neugierig. Wenn Neugierde verloren geht, dann ist man oft zu weit in der Zukunft, oder zu weit in der Vergangenheit – das Leben kann aber jeden Tag spannend sein, wenn man das möchte und dafür offen ist.

Hast du vor »Jenseits von Köpenick« damit gerechnet, dass das derart viel Aufmerksamkeit generieren wird?

Romano: Nee. Ich finde auch ganz gut, dass das nicht so war. Vor allem nicht nach der ersten Single »Metalkutte«. Ein Typ mit zwei Zöpfen singt über Metal-Bands und macht HipHop. Ich hätte nie gedacht, dass das so eine Welle schlägt. Nach zwei Tagen hat schon der »Metal Hammer« angefragt. Ich war total überrascht. Krass.

»König der Hunde« ist ein Song auf der neuen Platte, in welchem du dich mit der Nachwendezeit auseinandersetzt. Muss man bei so viel akuter Freiheit zwangsläufig eskalieren?

Romano: Na klar. Es kommt aber jeweils auf den Background an, wie du familiär eingebettet bist. Das Einzige, was dich hätte auffangen können, wäre vielleicht noch die Familie gewesen. Wenn du im Umfeld aber Freunde hast, die um die Ecken ziehen und ihr Ding machen, dann rutscht man in eine Szene rein, und dann geht es los.

Der Text erinnert stark an Geschichten von Autoren wie Clemens Meyer oder auch Peter Richter. Bücher wie »Als wir träumten« oder auch »89/90«?

Romano: Die Idee war, einen Song aus meiner damaligen Sicht zu schaffen. Der kleine Junge, der durch die Stadt läuft und so viele Eindrücke aufnimmt, dass der Kochtopfdeckel einfach wegfliegt. Das Ding hat gekocht. In der DDR wurde staatlich gedrückt. Die Leute sind schon nach Ungarn. Es wurde weiter gedrückt. Es gab auch schon die ersten Szenen – Punks und Grufties. Dann ist der Topfdeckel mitsamt der staatlichen Reglementierung in alle Richtungen weggeflogen. Kreativ und aggressiv. Links, rechts, Rocker, Metaller, Hip-Hopper – es spielte keine Rolle. Ich weiß nicht, ob man von einer verlorenen Generation sprechen kann, aber eine Generation, die sich hat fallen lassen, gleichzeitig aber eine große Entdeckung macht. So wie ich, als ich 1992 das erste Mal in den »Bunker«, diesen Techno Club gehe und falle, weil ich das nicht kenne. Maschinenlärm, Leute mit Gasmasken, ein Stockwerk höher Gabba-Musik, darüber eine »Gang Bang«-Party. Reingehen und du fällst, weil du es nicht verstehst, aber trotzdem fasziniert bist.

Dein neues Album trägt den Titel »Copyshop«. Der Kopierladen als gesellschaftlicher Beobachtungsstand, aus dem du kreativ schöpfst?

Romano: Absolut. »Copyshop« ist ein zentraler Punkt im Leben der Menschen. Du kopierst, bleibst oft noch da und klönst. Dann kommen Einzelschicksale, wie das vom steinreichen Millionär, der durch eine Trennung Haus, Kind und einfach alles verloren hat, aber immer noch seinen besten Anzug trägt – auch wenn der zerknittert ist. In der einen Hand hat er eine Toilettenrolle und einen großen Atlas von Russland. Er erklärt mir dann irgendwas von Bodenschätzen, die man dort abbauen müsste. Ein anderes Pärchen kommt und druckt Sexcover für ihre private VHS-Sammlung. Ein anderer versucht die ganze Zeit mit dem Mousepad den Rechner abzudecken und gleichzeitig geheime Nachrichten zu schreiben. Das geht durch alle Schichten.

Wie reagierst du auf Leute, die in deiner Musik vor allem ein ironisches und sarkastisches Moment erkennen?

Romano: Das ist wie bei einer Zugfahrt. Die Leute können einsteigen und mitfahren und wer nicht mehr möchte, der steigt wieder aus. Wir sind in einer freien Welt. Ich würde den Menschen da lassen, ihm aber noch mal die Möglichkeit geben reinzuhören und das vielleicht nicht zwischen Tür und Angel. Das überlasse ich aber ihm und fühle mich daher auch gar nicht angegriffen. Ich habe mir die Nächte um die Ohren gehauen, um etwas zu machen, das für mich Sinn macht. Thematisch ist das ein politisches Album, aber eben nicht plakativ.

Du bist ein Künstler, der sich durch seine Optik identifizierbar macht. Ist es für Roman mitunter schwierig Romano zu sein?

Romano: Da das Projekt für mich eine ganz gesunde Sache ist, habe ich für mich alles so gewählt, dass es authentisch bleibt. Natürlich bin ich auf der Bühne einen Moment mal anders, als bei Rewe mit dem Einkaufswagen. Wenn jemand aber Lust hat, mit mir zu quatschen – ich bin die ganze Zeit bereit.
Vielen Dank für das Interview!

Romano ist am 25. Oktober live in der Scheune zu erleben; mehr zum Künstler: www.romanomusik.de

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