DRESDNER Interviews / O-ton!
Am Leben vorbei – Eine DIY-Konzertgruppe sorgt für laute Abende in Dresden
Eine DIY-Konzertgruppe sorgt für laute Abende in Dresden
■ Die Neustadt und auch das angerenzende Hechtviertel sind nicht die einzigen Stadtteile Dresdens, in denen es subkulturell laut wird. DRESDNER-Autor René Seim unterhielt sich mit dem Konzertkollektiv »Am Leben vorbei«, das 2016 auf der Suche nach Alternativen zusammenfand.

Wie viele Acts spielten bisher bei euch? Habt ihr einen bestimmten musikalischen Fokus?

Am Leben vorbei: In knapp zwei Jahren haben wir um die 50 Konzerte organisiert. Neben dem riesa efau vor allem auch im AZ Conni und vereinzelt in anderen Locations. Dabei dürften wir die 100 Bands tatsächlich schon gerissen haben. Musikalisch haben wir recht unterschiedliche Geschmäcker, kommen aber irgendwo aus der Hardcore-, Punk- und Screamo-Ecke. Das merkt man auch am Booking. Es ist uns aber wichtig, ein breit gefächertes Programm zu bieten, wo beispielsweise auch tolle elektronisch-experimentelle Acts oder progressive Rockbands nicht zu kurz kommen. Wir suchen sozusagen immer nach dem gewissen »Etwas« und unterstützen gern auch unkonventionellere Kunst. Am Ende wird gemacht, was Menschen aus dem Kollektiv gefällt.

»Am Leben vorbei« ist ja eine etwas ausgefallene Bezeichnung für eine Konzertcrew, was bewog euch dazu?

Am Leben vorbei: Das Konzertkollektiv fand sich in einer Zeit zusammen, in der es in Dresden begann in gesellschafts-politischer Hinsicht immer finsterer zu werden. Seitdem hat sich daran wenig geändert und somit karikiert der Name auch heute noch die Umstände, in denen wir agieren. Wir sind ein DIY-Konzertkollektiv. Das heißt für uns zum einen, dass wir die Konzerte, auf die wir Lust haben, selber ohne ein finanzielles Gewinnstreben nach unseren Wünschen organisieren und gestalten. Zum anderen sehen wir uns als politisch agierender Zusammenschluss und möchten Atmosphären möglichst frei von diskriminierenden Verhaltensweisen schaffen. Beispielsweise ist uns beim Booking eine gendersensible Herangehensweise wichtig. So versuchen wir, soweit es machbar ist, bei jedem Konzert Acts mit Frauen* eine Bühne zu bieten. An den Abenden haben wir das Ziel, dass alle gemeinsam die Musik und Gesellschaft genießen können. Dabei ist eine gegenseitige Achtsamkeit zwischen uns im Team als auch den Menschen im Publikum wichtig.
Fernab dessen schwingt im Namen natürlich mit, sich nicht zu ernst zu nehmen. So beschreibt er auch unsere Fähigkeit, mal etwas nicht perfekt zu machen: Einfach mal zu spät mit der Werbung zu starten oder viel zu spät damit anzufangen, eine zweite Band für einen Abend zu buchen. Und am Ende geht es dann trotzdem meist gut.

Ihr seid ein Kollektiv von 12 Personen. Wie trefft ihr die Entscheidungen?

Am Leben vorbei: Allgemein entscheiden wir zweiwöchentlich auf Plena im Konsens. Das heißt, alle müssen mit der Entscheidung zufrieden sein bzw. keine Einwände haben, damit wir etwas so oder so machen. Zwischen den Plena kommunizieren wir über eine mit der Zeit erarbeitete Online-Struktur. Dort stimmen wir uns über Anfragen von Bands, die den größten Teil des Bookings ausmachen, Dienste und wer zum Beispiel die Plakate gestaltet, ab. Wie die Plakate aussehen, liegt meist in der Hand der gestaltenden Person. Hierfür haben wir in der Crew einige kreative Köpfe und konnten in der Vergangenheit auch auf die Unterstützung von Kuenstler*innen aus unserem Umfeld zählen.
Vielen Dank für das Gespräch!

Das Kollektiv feiert seinen 2. Geburtstag u.a. mit Nervöus (Screamo/Punk aus Berlin) am 3. November im AZ Conni; ein Sampler als Dankeschön an Bands und Publikum ist in Planung. Mehr dazu unter: www.facebook.com/amlebenvorbei/

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